Die höhere Berufsbildung kommt nicht zum Höhepunkt…
…ohne finanzielle Stimulans von aussen. Das duale Berufsbildungssystem der Schweiz ist exzellent. Jugendliche haben Perspektiven und werden angemessen fit gemacht für die Anforderungen auf den modernen Arbeitsmärkten. Die finanzielle Last der Weiterbildungen ist jedoch ungerecht verteilt.
Die Kombination Berufsschule und Betrieb für die Ausbildung junger Berufsleute hat sich für die Schweiz als Segen erwiesen und wird immer wieder als beispielhaft bezeichnet. Die Betriebe bilden den Nachwuchs aus, der für den unternehmerischen Fortbestand von grosser Wichtigkeit ist. Junge Lernende kommen somit ganz schnell mit der praktischen Berufswelt in Kontakt und können die Theorie anwenden. Aber das reicht nicht mehr. Das Bedürnis der Unternehmen nach Spezialwissen nimmt immer stärker zu. Insbesondere kleinere bis mittelgrosse Unternehmen sind dringend darauf angewiesen, dass junge Berufsleute, die zum Beispiel einen handwerklichen Beruf erlernt haben, sich später zu Fachspezialisten und Führungskräften weiterbilden. Sehr oft sind solche Weiterbildungen kostspielig und übersteigen die finanziellen Möglichkeiten der Bildungsinteressierten. Und hier liegt die Krux.
Das neue Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) hat erkannt, dass die Bedeutung der höheren Berufsbildung gestärkt werden muss. Die Stossrichtung geht dahingehend, dass diese Art von Berufsbildung der Ausbildung an einer Fachhochschule oder Universität gleich gestellt wird. Gehen nämlich der Schweiz diese Fachkräfte aus, weil man sie vernachlässigt, dann gehen bald die Lichter aus. Zum Beispiel: Ein Bauführer, ein Revisionsexperte, ein Wirtschaftsinformatiker oder ein Marketingexperte sind wichtige Berufsleute, deren Wissen in vielen Unternehmen unverzichtbar sind. Die Universitäten und Fachhochschulen werden von der öffentlichen Hand mit Milliarden, genau genommen mit ca. 6 davon, unterstützt. Für die höhere Berufsbildung bleibt praktisch nichts übrig. Will der Buchhalter sich zum Revisionsexperte weiterbilden ist er auf den Goodwill seines Arbeitgebers oder auf seine eigenen finanziellen Ressourcen angewiesen.
Ein Schreiner zum Beispiel, der sich für die Meisterprüfung interessiert, muss für diese Weiterbildung ca. CHF 50’000.- aufwenden. Darüber hinaus muss er noch substanzielle Arbeitszeit opfern und Einkommenseinbussen akzeptieren, um den anspruchsvollen Lernstoff bewältigen zu können. Studenten der Humanmedizin berappen gerade einen Bruchteil dieser Kosten in Form von Studiengebühren. Der ganz grosse Rest übernimmt der Steuerzahler. Unter anderem auch der angehende Schreinermeister. Das ist nicht gerecht.
Das Berufsbildungsgesetz sollte nun in den nächsten Jahren angepasst werden, damit die Finanzierung der höheren Berufsbildung nicht nur bei den Arbeitgebern und Arbeitnehmenden hängen bleibt. Die gute Arbeitsmarktfähigkeit vieler jungen Menschen, die nach der Lehre auf den Arbeitsmarkt kommen, beruht auf der pragmatischen Mischung von solider Theorie und nachhaltiger Praxisanwendung dieser. Akademisches Wissen ist wichtig. Aber es repariert kein WC und erstellt keine Pläne des Haustechnikplaners.
Die höhere Berufsbildung trägt ganz stark zum Wohlstand dieses Landes bei. Wir sehen die Auswüchse einer falsch aufgesetzten Bildungspolitik zum Beispiel in Grossbritannien, Frankreich, Italien, Spanien und Portugal. Viele junge Menschen lernen viel unnützes theoretisches Wissen, das sie auf den lokalen Arbeitsmärkten nicht brauchen können. Die praktische Kompetenz erwerben sie sich durch jahrelange Berufserfahrung und erreichen trotzdem nie die Exzellenz, die gewisse Fachbereiche einfach benötigen. Die Jugendarbeitslosigkeit in diesen Ländern ist erschreckend hoch. Es eignen sich nun mal nicht alle für die Universität. Viele wandern aus oder resignieren. Schlimm daran ist, dass die vielen hoffnungsvollen Talente für wenige Silberlinge verscherbelt und auf dem Altar falscher Bildungspolitik geopfert werden. Sie werden diesen Volkswirtschaften einmal bitter fehlen.
Die Diskussion um den Wert und die Zukunft höherer Berufsbildungen kann man nicht nur den spezialisierten akademischen Zirkeln und sogenannten ‚Think Tanks’ überlassen. Zu oft kommt aus diesen Nischen nicht mehr als ‚erkenntnishermeneutische Warmluft’, die uns nicht wärmt.
Es sind auch Sozialpartner und die Unternehmen gefordert ihre Interessen anzumelden. Akademische Bildung ist unverzichtbar. Die höhere Berufsbildung mit klarem Bezug zur praktischen Arbeitswelt ebenso.