Apr 5

Gut gebrüllt Löwe. Ich gehe…

Author: PersonalRadar

Die Wirtschaft ist rau geworden. Die berufliche Umgangssprache ebenso. Zuweilen wird ein Ton angeschlagen, der nur staunen lässt.  Ein anständig verbaler Umgang trägt zum Retention Management viel bei.

Gut gebrüllt Löwe… (Bildquelle: www.pixabay.com)

Abteilungsleiter Heisssporn  kommt mit einer schlechten Laune ins Büro. Er raunzt ohne Vorwarnung einmal mehr seine junge Assistentin  an. Die Begrüssungszeremonie lässt er weg. Höflichkeit war noch nie seine Stärke. Fünf Minuten später kommt er wutentbrannt aus der Teppichetage, knallt mit opulenter Theatralik Akten auf ihren Tisch und  meint, dass ihre blonde Haarfarbe die Qualität ihrer Arbeit widerspiegelt.

Die Assistentin ist sprachlos, den Tränen nah und aufgelöst. Sie will die Sachlage richtig stellen. Er hört jedoch nicht zu. Seine Stimme wird schrill. Unverblümt teilt er ihr mit, dass sie schweigen soll. Er sei der Chef. Er sagt wo es langgeht und was zu tun sei. Das Denken soll sie gefälligst ihm überlassen.

Die Assistentin schweigt. Sie will sein emotionales Feuer nicht noch mehr anfachen. Einige im Team sind konsterniert. Andere grinsen verlegen.

Es ist nicht zum ersten Mal, dass der Chef ausflippt und mit hochrotem Kopf in sein Büro verschwindet. Kurz darauf nimmt er ein blutdrucksenkendes Mittel. Sein Arzt hat ihm geraten sein Temperament zu zügeln und seinen Stoffwechsel mit mehr Körperbewegung zu ventilieren.

Ein anständig verbaler Umgang trägt zum Retention Management viel bei (Bildquelle: www.pixabay.com)

Die Assistentin schaut sich abends ausgeschriebene Jobangebote an und versendet die ersten Bewerbungen. Sie hat genug. Am nächsten Tag würdigt sie der Chef keines Blicks und entschuldigt sich auch nicht. Die Assistentin erhält kurz darauf eine E-Mail Nachricht. Ein potenzieller Arbeitgeber interessiert sich für ihre profunde Berufskompetenz und lädt sie zu einem Interview ein.

Ende Monat hat sie einen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben. Der Chef tobt wieder einmal in seinem Büro. Es kümmert sie nicht mehr. Hauptsache sie kann gehen. Abteilungsleiter Heisssporn ruft die Personalabteilung an. Er bellt ins Telefon und beklagt sich, dass die HR Abteilung endlich mal fähige Leute suchen soll. Die Personalleiterin nimmt mit dem CEO Kontakt auf. Dieser ist sauer. Einmal mehr verursacht dieser Abteilungsleiter unnötige Kosten, Unruhe und Personalfluktuation. Er gibt der Personalleiterin den Auftrag, dass die Position von Heisssporn neu besetzt werden muss. Ganz diskret.

Werkstattleiter Überhart brummt in der Werkstatt herum. Zwei seiner Arbeiter haben am Vortag nach Feierabend die Werkbank nicht so aufgeräumt wie er sich das vorstellt. Er bestellt beide in sein Büro, das innerhalb der Werkstatt von allen Seiten eingesehen werden kann.  Er fläzt sich auf seinen abgewetzten Bürothron aus Kunstleder und brüllt die beiden in voller Lautstärke an. Die Arbeitskollegen in der Werkstatt werden Zeugen des Vorfalls und ziehen die Köpfe ein. Sie sind konsterniert.

Die beiden Arbeiter hören sich die Standpauke stehend an. Wie kleine Schulbuben werden sie vorgeführt und herunter gemacht. Der eine Arbeiter nimmt es fatalistisch. Er bemüht sich gar nicht darum, Erklärungen zu geben oder Widerstand zu zeigen. Er ist bald 60 Jahre alt. In seinem Alter noch eine neue Stelle zu finden ist aussichtslos. Er ist froh, wenn er die nächsten Jahre überlebt und einigermassen gesund die Pensionierung geniessen kann. Der jüngere Arbeiter ist hin und her gerissen. Er verspürt Wut im Bauch. Was meint dieser Typ eigentlich? Ist das moderne Führung?

(Bildquelle: www.pixabay.com)

Der Werkstattleiter hat immer ein grosses Maul. Fachlich ist er jedoch stehen geblieben. Er als Jungspund wurde deshalb eingestellt, um die Produktion mit seinem Wissen zu verbessern. Er hat eine höhere Fachausbildung abgeschlossen. Auch er lässt den Alten brüllen.

Nach dem Feierabendbier macht er ein paar Telefonate und schildert seine Situation. Ein Freund von ihm macht ihn auf eine Stellenausschreibung in seinem Betrieb aufmerksam. Er bewirbt sich sofort und hat die Stelle im Nu. Mit grossem Genuss legt er Werkstattleiter Überhart eine Woche später die Kündigung auf den Tisch. Dieser nimmt sie mit baffem Erstaunen entgegen.

Der Firmeninhaber nimmt kurz darauf mit dem Arbeiter Kontakt auf. Er bietet ihm die Position von Überhart an. Er lehnt ab. Überhart ist schon stark über 50 Jahre alt. Er will nicht schuld daran sein, wenn der keinen Job mehr findet. Zwei Tage später schreit der Inhaber seinen Werkstattleiter an. Er hat genug. Die Personalfluktuation vermiest ihm die Bilanz. Die Arbeiter in der Werkstatt beobachten die Szene und machen sich Gedanken.

Die beiden Geschichten sind selbstverständlich frei erfunden. Solche Szenen finden jedoch jeden Tag in der Arbeitswelt statt. Es wird gebrüllt, getobt, geschrien und die Rampensau frei gelassen. Kinderstube und Manieren gehen flöten. Solche Verhaltensweisen sind teuer.  Sie ramponieren den Ruf, bringen den Arbeitsalltag durcheinander und die Arbeitsstimmung sinkt auf den Gefrierpunkt.

Wer seelisch friert, kann aber nicht gut arbeiten. Teams sind mit sich selber beschäftigt, die Arbeitsqualität leidet darunter und das Jahresergebnis fällt schlechter als erwartet aus. Vorgesetzte, die sich so benehmen, gehören auf die Strasse gestellt. Psychopathen, selbstverliebte Karrieristen und infantil Verbogene eignen sich nicht für Kaderpositionen. Sie sollen den Psychologen besuchen und eine Therapie machen.

Der Fisch stinkt bekanntlich vom Kopf her! (Bildquelle: www.pixaabay.com)

Macht ist anstrengend. Die wohlwollende Dosierung dieser und die ausgewogene Balance zwischen Druck ausüben, Empathie beweisen und Unterstützung anbieten sind anspruchsvolle Führungsregeln. Unreife Idiotie kostet viel Geld. Die Suche nach Fachspezialisten*innen ist aufwändig geworden.

Über die eigentlichen Kosten von falscher Führung wird oft nur nebulös diskutiert. Sie ist teuer. Sie geht richtig ins Geld. Manchmal ist es besser, wenn der Chef geht.

Geht die Belegschaft, braucht es auch keinen Chef mehr. Gutes Benehmen, anständige Umgangsformen, faires Verhalten und angemessene Wortwahl kitten manchen Konflikt und lassen die Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses ohne Gesichtsverlust zu.

Spezies wie Heisssporn und Überhart zeigen Verhaltensweisen, die betriebsökonomisch als Verluste abgebucht werden müssen. Wer will schon Verluste? Der Fisch stinkt bekanntlich vom Kopf her!