Familienpflichten als beruflicher Erfolgsfaktor.
Belastbarkeit, Organisationsfähigkeit, Flexibilität, Verantwortungsbewusstsein – die Berufsbildung und immer mehr Betriebe anerkennen, dass Frauen und Männer diese und andere im Erwerbsleben gefragten Kompetenzen auch in der Familien- oder Freiwilligenarbeit entwickeln können (Quelle: www.familienleben.ch)
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird dadurch erleichtert. Allerdings müssen Frauen und Männer sich dieser Kompetenzen bewusst sein und sie nachweisen können.
Im Familienleben lernt man viel, das auch für den Beruf nützlich sein kann.
Frauen und Männer mit Familienpflichten werden vom Arbeitsmarkt noch oft benachteiligt, sind meistens in weniger qualifizierten und schlechter bezahlten Teilzeitjobs tätig und haben geringere Entwicklungschancen im Beruf.
Der Familienarbeitsplatz wird als Lernfeld für den Beruf noch kaum ernst genommen, obwohl bildungswissenschaftliche Studien seit langem belegen, dass Lernen grundsätzlich überall möglich ist, also auch in der Familien- und Freiwilligenarbeit. Deren individuelle Gestaltung – es gibt keine Stellenbeschriebe, Pflichtenhefte und Anforderungsprofile dafür – macht es schwierig zu messen, ob und welche Kompetenzen in der Familien- und Freiwilligenarbeit entwickelt werden können. Doch seit einigen Jahren gibt es Ansätze, die gesellschaftlich unverzichtbare unbezahlte Arbeit aufzuwerten und die dabei entwickelten Kompetenzen anzuerkennen. Grundlage dafür ist eine Studie, welche die Anforderungen und Belastungen der Familien- und Hausarbeit analog zur Erwerbsarbeit untersuchte.
Die wichtigsten Ergebnisse:
- Ein durchschnittlicher Familienarbeitsplatz ist intellektuell, psychosozial, physisch und hinsichtlich der Verantwortung so anspruchsvoll und belastungsreich wie z.B. der Arbeitsplatz eines Polizisten, einer Pflegefachfrau, einer Mittelschullehrerin oder eines Bauingenieurs
- In der Familienarbeit – insbesondere in der Erziehungs- und Betreuungsarbeit – können Schlüsselkompetenzen entwickelt und trainiert werden wie beispielsweise Belastbarkeit, Planungs- und Organisationsfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Einfühlungsvermögen, Flexibilität, Eigeninitiative – diese Schlüsselkompetenzen sind, neben den fachspezifischen Kompetenzen, im Erwerbsleben zunehmend gefragt
- Nicht alle familientätigen Personen verfügen über die gleichen Kompetenzen in gleichem Ausmass. Je nach Familiensituation und Ausgestaltung der Familienarbeit ist das Qualifizierungspotenzial sehr unterschiedlich
- Es fehlt oft am Bewusstsein für die in der Familienarbeit entwickelten Kompetenzen. „Ich war die letzten Jahre nur Hausfrau und habe nicht gearbeitet“, sagen etwa Wiedereinsteigerinnen im Bewerbungsgespräch und verringern so selber ihre Anstellungschancen.
Folgerungen:
- Der Familienarbeitsplatz muss von Frauen und Männern als Lernfeld reflektiert werden, um die entwickelten Kompetenzen gezielt nutzen und in den Beruf transferieren zu können. Menschen mit Familienpflichten müssen sich ihrer in der Familienarbeit entwickelten Kompetenzen bewusst werden und sie nachweisen können. Dazu gibt es heute verschiedene Instrumente und Kursangebote. „Dank meiner Kompetenzenbilanz und dem Nachweis meiner Fähigkeiten aus der Familienarbeit habe ich im letzten Mitarbeiterinnengespräch eine Lohnerhöhung erreicht“, sagt z.B. eine Teilnehmerin eines solchen Kurses
- Kompetenzen aus der Familien- und Freiwilligenarbeit müssen auf dem Bildungs- und Arbeitsmarkt berücksichtigt und anerkannt werden. Neuere gesetzliche Grundlagen (Bundesgesetz Berufsbildung 2004, betriebliche Personalreglemente) und Instrumente ermöglichen heute, auch die in der Familienarbeit entwickelten Kompetenzen im Rahmen der Berufsbildung sowie in der Personalselektion und –entwicklung zu erfassen, zu beurteilen und anzuerkennen. Unser Ziel ist es, die optimal qualifizierten Leute für die Erfüllung einer Aufgabe zu finden. Woher diese Qualifikationen stammen, ob aus der Erwerbsarbeit oder der Familien- und Hausarbeit, ist unwesentlich. Hauptsache, sie sind in der gewünschten Ausprägung vorhanden.“ Diese Sicht eines betrieblichen Personalfachmannes muss sich allerdings erst noch breit durchsetzen.
Mit dem individuellen Nachweis von Kompetenzen aus der Familien- und Freiwilligenarbeit und der betrieblichen Anerkennung von ausserberuflich entwickelten Kompetenzen können die Anstellungschancen und Aufstiegsmöglichkeiten von Frauen und Männern mit Familienpflichten erheblich verbessert werden.
Die Fachstelle UND hat 1997 mit einer arbeitswissenschaftlichen Studie die Anforderungen und Belastungen von Familienarbeitsplätzen im Vergleich mit Erwerbsarbeitsplätzen untersucht. Ausgehend von diesen Forschungsergebnissen führt UND Workshops in Bildungsinstitutionen und Betrieben zur Sensibilisierung von Frauen und Männern für das Qualifizierungspotenzial der Familienarbeit sowie Kurse zur Bilanzierung und zum Nachweis von – auch ausserberuflich erworbenen – Kompetenzen durch. Für die betriebliche Personalauswahl hat UND ein EDV-gestütztes Instrument entwickelt, mit welchem im Bewerbungsgespräch die Schlüsselkompetenzen – auch aus der Familienarbeit – systematisch erfasst und beurteilt werden können. Es werden Workshops für Führungskräfte zur Sensibilisierung für ausserberuflich entwickelte Kompetenzen und zur Einführung in das Instrument durchgeführt.
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