Rezession – die fette Zeit der Prognosen
Prognosen sind manchmal wie lästige Kopfläuse. Sie lassen sich ungefragt nieder, man kratzt sich andauernd und der Nutzen ist nicht erkennbar.
Im Moment leiden wir an einer Hochkonjunktur der Prognosen. Das Wort ‚Prognose‘ kommt übrigens aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie ‚Vorhersage‘.
Alle namhaften helvetischen wie auch internationale Institutionen, die dafür bezahlt werden Prognosen zu produzieren, kratzen sich im Moment die Kopfhaut blutig. Dabei melken sie Statistiken aus der Vergangenheit und wundern sich, dass diese beim Schlagen nicht richtig hart werden. Die daraus gewonnenen Vorhersagen sind dünn wie gepanschte Milch. Wir leiden an einer Rezession der Erkenntnis! Zuviel ist passiert in den letzten Monaten. Das unsichere Stochern im volkswirtschaftlichen Nebel lässt uns ängstlich erstarren, da wir jeden Moment denken auf Grund zu laufen.
Düstere Prognosen lassen die Moral sinken und den Verkauf von Stimmungsaufhellern an die sich Sorgen machende Bevölkerung explodieren. Es erhöht sich signifikant die Gefahr der selbst erfüllenden Prophezeiungen. Kürzlich war in der deutschen Ausgabe der Financial Times zu lesen, dass der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung einen Prognosestopp anregte. Die wissenschaftliche Disziplin der Konjunkturforschung verbreitet Ratlosigkeit, weil die gegenwärtigen globalen Wirtschaftsereignisse gar nicht die theoretischen Erklärungsmodelle bedienen können, die man sonst für das nächste schnelle Anrühren von neuen Prognosen benutzt. Tja – da haben wir den Kopf voller Läuse und können uns gar nicht richtig kratzen. Eine ungemütliche Situation.
Warum sollen wir nicht einmal das undenkbare Positive erwarten? Hoffen wir, dass die Prognosen endlich unsere Kopfhaut verlassen, die quälende Kratzerei aufhört und wir der Zuversicht das Tor weit öffnen.