Bei den Headhuntern ist der Aufschwung bereits angekommen.
Branchen suchen nach neuen Führungskräften, um für die erhoffte Wachstumsphase optimal aufgestellt zu sein. Für junge Manager eröffnet sich die Chance zur Bewährung (Quelle: Tagesanzeiger / Robert Mayer)
Während der Arbeitsmarkt noch keinerlei Anzeichen einer Belebung erkennen lässt und sich Schweizer Unternehmen mit Neueinstellungen zurückhalten, hat das Geschäft der Headhunter bereits kräftig angezogen. So stark jedenfalls, dass Executive-Search-Firmen wie Bjørn Johansson Associates oder Guido Schilling Partner seit Jahresbeginn neue Berater eingestellt haben, um die Auftragsflut zu bewältigen.
«Die Unternehmen sind wieder bereit zu Investitionen in ihre Führungsleute», sagt Bernard Zen-Ruffinen, Leiter der Region Europa, Mittlerer Osten und Afrika bei Korn/Ferry International. Antreiber dafür, so Zen-Ruffinen, sei die Erwartung, dass sich die Wirtschaftslage und damit die Geschäftsergebnisse im weiteren Jahresverlauf verbessern würden.
Einen «starken Zukunftsglauben» in den Unternehmen verspürt auch Guido Schilling. Besonders überrascht zeigt er sich darüber, dass «in sehr kurzer Zeit so viel Bewegung» in den Markt gekommen sei. Schilling führt die «Eile» der Unternehmen bei Neubesetzungen im Management darauf zurück, dass sie personell optimal aufgestellt sein wollen, um am konjunkturellen Schwung von Anfang an voll teilzuhaben.
Eine klare Trendwende verzeichnen die Headhunter vorab bei der Besetzung von Positionen auf der mittleren bis oberen Führungsstufe, welche die wichtigste Ertragsquelle für die grossen, international tätigen Branchenunternehmen ist. Dieses Segment – es umfasst etwa Verkaufs- und Marketingleiter sowie (Vize-)Direktoren – sei in den Jahren 2007 bis 2009, unter dem Eindruck der Finanzkrise, «fast auf null zusammengeschrumpft», sagt Bjørn Johansson.
Erste Indizien für eine Neubelebung stellte der gebürtige Norweger im letzten November und Dezember fest, ab Januar sei dann «die Post richtig abgegangen». Hätten sich vorher allenfalls die Pharmaindustrie und der Staat nach Führungskräften auf mittlerer Ebene umgeschaut, so seien jetzt alle – Finanzdienstleister, Handel und Industrie – wieder zurück und bestrebt, «das aufzuholen, was sie vorher auf Eis gelegt haben», so Johansson.
Nach Meinung von Schilling haben die Unternehmen ihre personellen Ressourcen im Zuge der Krise «bis aufs Minimum reduziert». Dass sie neuerdings auch wieder Führungspositionen im Service-Bereich und in den Nicht-Front-Positionen neu besetzen, wertet der Zürcher Headhunter als besonders augenfälligen Beleg für den wieder aufkeimenden Optimismus in den Firmen.
Einigkeit besteht unter den Headhuntern ferner darin, welche Kandidaten derzeit gesucht sind. «Besonderes Interesse besteht an verkaufs- und marketingorientierten Führungskräften», betont Johansson. «Leute also, die imstande sind, Wachstum zu generieren.»
Schilling spricht in dem Zusammenhang von «Wachstumsmanagern» und meint damit Anwärter, die einerseits in strategischen Alternativen denken und anderseits mit dem Potenzial ihrer unterstellten Führungskräfte arbeiten könnten. Anders als Krisenmanager seien sie nicht auf kurzfristige Renditen bedacht, sondern müssten vielmehr «aussäen». Als «Zeichen der Zeit» versteht Bernard Zen-Ruffinen sodann, dass Manager eingestellt würden, von denen man erwarte, dass sie neue Märkte erschliessen oder bestehende Geschäftsverbindungen dort vertiefen könnten, sei es in Ostasien, Afrika, Lateinamerika oder in den rohstoffreichen zentralasiatischen Republiken. Ein ähnliches Anforderungsprofil – «Leute mit einem Riecher für Wachstumsmöglichkeiten» – ist laut Zen-Ruffinen bereits vor etwa drei Jahren in aller Munde gewesen.
Was aber, so der Korn/Ferry-Manager, «jetzt neu dazugekommen ist, sind Werte und Ethik».
Die Unternehmen würden bei der Auswahl der Kandidaten nicht mehr nur auf deren Resultate schauen, sondern auch darauf achten, ob sie sich im Laufe ihrer Karriere Fehltritte geleistet hätten und mit Krisenereignissen in Verbindung gebracht werden könnten. Johansson macht ähnliche Erfahrungen: «Glaubwürdigkeit wird heute grossgeschrieben. Von Managern wird mehr denn je eine Vorbildfunktion für das Unternehmen verlangt.»
Ausserdem hält Bjørn Johansson die anbrechende Phase eines neuen wirtschaftlichen Wachstums für eine günstige Gelegenheit, «auch jüngeren, unverbrauchten, hungrigen Leuten» eine Chance zu geben, auf dass sie sich in einer Führungsaufgabe bewähren können.