Arbeitsrecht: Überstunden und Überzeit – ein Dauerthema für Anwälte und Gerichte.
Die heutige wirtschaftliche Situation bedeutet nicht, dass weniger Arbeit erledigt werden muss – im Gegenteil; die Arbeit wird einfach auf weniger Köpfe verteilt! Für viele steht es auf der Tagesordnung Überstunden oder auch Überzeit zu leisten.
Grundsätzlich ist es die Pflicht der Arbeitgebenden, die Arbeit so zu verteilen, dass sie von den Mitarbeitenden in der vereinbarten normalen Arbeitszeit erledigt werden kann.
Und Arbeitnehmende sind verpflichtet, die im Arbeitsvertrag festgesetzte Arbeitszeit zu leisten. So weit so gut! Doch sieht man in der Praxis ganz andere Situationen, denn viele Unternehmen sprengen die Grenzen der Zumutbarkeit und beladen die verbleibenden Mitarbeitenden mit Mehrarbeit. Beim Austritt aus dem Unternehmen werden dann Forderungen geltend gemacht, was oft zu Streitigkeiten führen kann.
Deshalb sei hier die Unterscheidung der beiden Begriffe erörtert:
Als Überstunden gilt jene Arbeitszeit, die über das vertragliche vereinbarte Pensum hinaus geleistet wird. Jedoch noch unter der geregelten Höchstarbeitszeit von 45 – 50h liegt, Art. 9 des Arbeitsgesetzes. Die Stunden, die über diese Höchstarbeitszeit von 45 – 50h geleistet werden, fallen unter den Begriff Überzeit.
Beispiel: ein kaufmännischer Angestellter hat im Vertrag eine 40 Stunden-Woche zu leisten. Für eine vorübergehende Dauer muss er 48 Stunden in der Woche leisten. Somit gelten 5 Stunden pro Woche als Überstunden und 3 Stunden pro Woche als Überzeit. Und nun stellt sich die Frage der Entschädigung. Um unliebsame Überraschungen auf beiden Seiten zu vermeiden, empfiehlt es sich bereits bei Vertragsabschluss dieses Thema zu regeln. Es ist ratsam, die Kompensation von Überstunden durch Freizeit von gleicher Dauer schriftlich festzuhalten, sowie den Zeitpunkt der Kompensation zu definieren.
Denn es gilt: Wird die Überstundenarbeit nicht durch Freizeit von gleicher Dauer abgegolten und ist nichts anderes schriftlich vereinbart oder durch Normalarbeitsvertrag oder GAV bestimmt, so hat der Arbeitgeber für die Überstundenarbeit Lohn zu entrichten, der sich nach dem Normallohn samt einem Zuschlag von mindestens einem Viertel bemisst, also insgesamt 125%!
Nicht vertraglich wegbedungen werden kann die Entschädigung für geleistete Überzeit. Nämlich ab der 61. Überzeitstunde im Kalenderjahr für das Büropersonal sowie die technischen und anderen Angestellten, mit Einschluss des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels.
Auch bei Kadermitarbeitenden wird die Überstundenentschädigung nicht automatisch wegfallen, wie dies weit verbreitet die Meinung ist. Auch da ist der Vertrag zu prüfen. Das Arbeitsgesetz schliesst zwar leitende Angestellte vom Geltungsbereich aus, jedoch ist nicht die Funktionsbezeichnung sondern die eigentliche Tätigkeit massgebend. Die Entscheidungsbefugnis und Mitbestimmung der Unternehmensstrategie und –politik sind wichtige Kriterien und diese Kompetenzen hat nicht jede/-r Kaderangestellte/-r.
Schlussfolgerung:
Auf freiwillig geleistete, nicht ausdrücklich angeordnete und nicht notwendige Überstunden müssen Arbeitgebende unmittelbar reagieren und Mitarbeitende in Kenntnis setzen, dies zu unterlassen! Reagieren Arbeitgebende nicht, riskieren diese sie bezahlen zu müssen. Sind sich Mitarbeitende und Arbeitgebende uneinig, ob und wie viel Überstunden oder Überzeit geleistet wurde, so tragen die Arbeitnehmenden grundsätzlich die Beweislast, da diese eine Forderung gegen die Arbeitgebenden stellen. Die Arbeitnehmenden haben den Nachweis zu erbringen, dass sie Mehrarbeit geleistet haben und es sich dabei um notwendige und im Interesse der Arbeitgebenden erbrachte Überstunden oder Überzeit handelt. Auch da gilt die fünfjährige Verjährungsfrist nach OR.