Alle ist im Wandel: Unternehmen müssen sich in Zukunft bei Jobsuchenden bewerben.
In einer Zeit, in der qualifizierte Fachkräfte Mangelware sind, erleben wir einen bemerkenswerten Wandel in der Dynamik des Arbeitsmarktes. Unternehmen stehen nicht mehr nur als Beurteilende da, sondern auch als Bewerbende, die um die Gunst potenzieller Mitarbeitenden werben.
Dieser Paradigmenwechsel fordert von Unternehmen, ihre Strategien im Recruiting grundlegend zu überdenken und sich intensiver denn je mit ihrer Aussendarstellung zu beschäftigen.
Digitale Präsenz als Aushängeschild
In einer zunehmend digitalisierten Welt ist die Online-Präsenz eines Unternehmens oft der erste Kontaktpunkt für potenzielle Bewerbernde. Eine intuitive, informative und ästhetisch ansprechende Website ist daher absolut wesentlich.
Ebenso wichtig ist eine starke Präsenz in sozialen Medien, die nicht nur die Unternehmenskultur und Werte widerspiegelt, sondern auch Einblicke in den Arbeitsalltag und Mitarbeitererfahrungen bietet.
Arbeitsplatzgestaltung als Spiegel der Unternehmenskultur
Der physische Arbeitsplatz sendet starke Signale über die Werte und Arbeitsweise eines Unternehmens aus. Offene Bürolandschaften, gut ausgerüstete, saubere Werkstätten, flexible Arbeitsbereiche und ein durchdachtes Design fördern nicht nur Kreativität und Zusammenarbeit, sondern zeigen auch eine moderne und mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur. Die sorgfältige Auswahl von Farben, Materialien, Möbeln, Werkbänken und Arbeitsutensilien kann das Wohlbefinden am Arbeitsplatz erheblich steigern.
Charisma und Kompetenz der Recruiter:innen
Recruiter:innen spielen eine zentrale Rolle im Bewerbungsprozess. Ihr Auftreten, ihre Empathie und ihre Fähigkeit, die Unternehmenskultur glaubhaft zu vermitteln, sind entscheidend für den Erfolg. Sie müssen nicht nur die Fähigkeiten und Erfahrungen der Bewerbenden beurteilen, sondern auch eine vertrauensvolle und positive Beziehung aufbauen.
Echt- und Offenheit
In einer Zeit, in der Bewerbende Zugang zu einer Vielzahl von Informationen und Bewertungen über Unternehmen haben, ist Echtheit unerlässlich. Unternehmen müssen offen über Herausforderungen sprechen und realistische Einblicke in den Arbeitsalltag vermitteln. Dies schafft gutes Vertrauen und hilft, die richtigen Kandidat:innen anzuziehen.
Die Integration von Recruiting und Unternehmensbranding
Ein effektives Recruiting erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen. Das Zusammenspiel von HR, Marketing, Social Media Management und Unternehmensführung ist entscheidend, um eine konsistente und ansprechende Unternehmensmarke zu schaffen. Diese Integration ermöglicht es, eine ganzheitliche und attraktive Botschaft an potenzielle Mitarbeiter*innen zu senden.
Beispiele aus der Arbeitswelt
a) Bauunternehmen setzt auf Gesundheitsmanagement
Ein grosses Bauunternehmen hat ein umfassendes Gesundheitsmanagement eingeführt, um Facharbeitende anzuziehen und zu halten. Dies umfasst regelmässige Gesundheitschecks, kostenlose Fitnessstudio-Mitgliedschaften und Workshops zu ergonomischem Arbeiten. Darüber hinaus werden Bauprojekte mit modernsten Sicherheitsstandards und ergonomischen Arbeitsmaterialien ausgestattet.
b) Life Sciences Unternehmen mit Kinderbetreuung
Ein Unternehmen aus der Life Sciences Branche hat eine betriebsnahe Kinderbetreuung eingerichtet, um Arbeitskräfte mit Familien besser unterstützen zu können. Dieses Angebot wird ergänzt durch flexible Arbeitszeitmodelle, die es den Mitarbeitenden ermöglichen, Beruf und Privatleben besser in Einklang zu bringen. Das ist nur eine Massnahme von vielen, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren und das Retention-Management zu erhöhen.
c) IT-Unternehmen fördert Weiterbildung
Ein führendes IT-Unternehmen bietet seinen Angestellten umfangreiche Weiterbildungsmöglichkeiten an. Dazu gehören bezahlte Fortbildungskurse, Zugang zu Online-Lernplattformen und regelmässige interne Workshops zu aktuellen Technologietrends. Dies stärkt nicht nur die Kompetenzen der Mitarbeitenden, sondern zeigt auch die Investition des Unternehmens in ihre berufliche Entwicklung.
d) Marketingagentur mit Remote-Work-Optionen
Eine Marketingagentur hat eine Politik des flexiblen Arbeitens eingeführt, die es ihren kreativen Mitarbeitenden ermöglicht, von überall aus zu arbeiten. Dazu gehören auch Geldzuschüsse für das Homeoffice und regelmässige Team-Events, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken, auch wenn die Mitarbeitenden nicht physisch im Büro sind.
Ein neues Zeitalter der Mitarbeitendengewinnung
Der Wandel, den wir auf dem Arbeitsmarkt beobachten, ist mehr als nur eine temporäre Anpassung; er markiert den Beginn eines neuen Zeitalters in der Mitarbeitergewinnung. Unternehmen, die diesen Wandel erkennen und sich proaktiv darauf einstellen, werden in der Lage sein, nicht nur qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen, sondern auch eine starke und resiliente Unternehmenskultur zu fördern, die Talente langfristig bindet.
In diesem neuen Zeitalter geht es nicht mehr nur darum, Positionen zu besetzen, sondern darum, eine Gemeinschaft von engagierten und motivierten Mitarbeitenden zu schaffen und auch zu halten, die gemeinsam zum Erfolg des Unternehmens beitragen.
Arbeitskräftemangel: Sind Sie auch auf der Jagd nach guten Bewerbenden?
Traditionell wurde der Arbeitsmarkt von den Unternehmen dominiert, die die Rolle der Auswählenden innehatte, während Arbeitssuchende sich in einer eher passiven Rolle befanden, in der sie um die Gunst der Arbeitgebenden warben. Die gegenwärtige Entwicklung deutet jedoch stark auf einen Paradigmenwechsel hin, bei dem die Macht zunehmend in die Hände der Arbeitnehmenden übergeht, besonders in Branchen mit akutem Fachkräftemangel. In diesem neuen Umfeld müssen sich Unternehmen aktiv und kreativ darstellen, um die besten Talente anzuziehen.
Diese Entwicklung kann auch als eine Art Demokratisierung des Arbeitsmarktes gesehen werden. Unternehmen, die sich aktiv um Bewerbende bemühen, erkennen implizit die Werte und Bedürfnisse potenzieller Mitarbeitenden an.
Dies führt zu einer stärkeren Betonung von Unternehmenskultur, Arbeitsumfeld und sozialer Verantwortung. Es ist ein Zeichen dafür, dass Arbeit nicht mehr nur als Mittel zum Zweck (Einkommen) gesehen wird, sondern zunehmend als Teil der persönlichen Identität und des Lebenssinns.
Die Betonung des Brandings, der Arbeitsplatzgestaltung und des sozialen Engagements, wie oben schon beschrieben, ist auch ein Hinweis darauf, dass Unternehmen in einer vernetzten, digitalisierten Welt nicht mehr nur durch ihre Produkte oder Dienstleistungen, sondern auch durch ihre Werte und ihre Kultur definiert werden.
Dies spiegelt einen grösseren kulturellen Wandel wider, in dem Transparenz, Authentizität und gesellschaftliche Verantwortung immer wichtiger werden.
Abschliessend lässt sich sagen, dass dieser Wandel nicht nur die Art und Weise verändert, wie Unternehmen und Bewerber interagieren, sondern auch tiefgreifende Auswirkungen auf die Unternehmenskultur, die Arbeitswelt und die gesellschaftlichen Werte hat.
In einer Zeit, in der Arbeitnehmende mehr Macht haben, müssen Unternehmen mehr als nur einen Arbeitsplatz bieten – sie müssen eine Vision, eine Kultur und ein Umfeld schaffen, das mit den Werten und Zielen der Menschen in Einklang steht.
Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Diese Weisheit ist nicht neu. Unternehmen sind gut beraten, sich den neuen Marktgegebenheiten anzupassen, um die guten aktiven wie auch passiven Stellensuchenden zu finden.