Jul 6

Haben die Deutschen das Sagen in der Schweiz? Nein. Die Angelsachsen erobern die Bel Étage.

Author: PersonalRadar

Kürzlich wurde bekannt, dass der neue Verwaltungsratspräsident der grössten systemrelevanten Bank der Schweiz, die UBS, ein Deutscher sein wird. Das ist in diesem Land ein wenig säuerlich zur Kenntnis genommen worden.

Interessanter war viel mehr die Pressemitteilung, dass der Neue, bevor er nur einen Finger rührte, schon mit einer erklecklichen Apanage von CHF 5 Mio. rechnen darf. Sein Kommen wird ihm mehr als versüsst. Böse Zungen behaupten, ihm sei schon einmal das Schmerzensgeld angeboten worden, damit er überhaupt die Nachfolge von Kaspar Villiger antritt. Des Weiteren soll an dieser Stelle noch in Erinnerung gerufen werden, dass der Chef der Deutschen Bank ein Schweizer ist und in diesem ähnlichen Fall weitaus weniger Vorbehalte in Deutschland aufkamen.

Die Führungsgremien wandeln sich. Auch in der Schweiz.

Viele Führungscrews sind heute international. Die Staatsangehörigkeit spielt bei den Topjobs immer weniger einer Rolle. Es nützt einem Schweizer Unternehmen wenig, wenn der Höchste das weisse Kreuz auf dem Pass hat, aber seine Führung ein Kreuz ist. Es sind nicht die Deutschen, die vermehrt in den Geschäftsleitungen sitzen oder Verwaltungsratsmandate bekleiden. Es sind die Angelsachsen, die mehr und mehr ihren Einfluss geltend machen und die Internationalisierung voran treiben. Im 2010 kamen 30% der Topshots aus Deutschland und 40% aus dem angelsächsischen Raum.

Warum ist das so?

Die Vermutung liegt nahe, dass in UK und den USA die Wirtschaft nach wie vor auf dem Krankenbett liegt und viele Topmanager auf der Suche nach einem guten Job sind. Viele kommen in der Schweiz an. Die Bezahlung stimmt, der Lebensstandard ist angemessen und die Sprachbarriere niedrig, da auf Geschäftsleitungsebene und in vielen Verwaltungsräten die Leitsprache der Leaders als Lingua Franca ohnehin Englisch ist. Ohne profunde, fliessende und ausgezeichnete Englischkenntnisse geht auf der Führungsebene gar nichts mehr. Hingegen hat die wirtschaftliche Erholung in Deutschland dazu geführt, dass viel Führungskräfte blieben und sich in einem Markt neu orientierten, der ihnen sehr vertraut ist und die Lebenspläne des privaten Umfeldes nicht allzu stark beeinträchtigen.

Das Beratungsunternehmen Guido Schilling, hat kürzlich die Geschäftsleitungen und Verwaltungsräte der rund 100 grössten Schweizer Unternehmen verglichen und hat weitere interessante Fakten präsentiert:

  • Unter den 116 untersuchten Unternehmen sind von 907 Mitgliedern der Geschäftsleitungen 45% Ausländer
  • Bei den untersuchten Verwaltungsräten wurden 89 Unternehmen genauer angesehen. Dort sind von den 814 Mitglieder 35% Ausländer.

Zusammensetzung der Gremien GL & VR

GL in Zahl und  % VR in Zahl und  %
Anzahl Unternehmen 116 814
Total Mitglieder 907 / 100% 814 /100%
Anteil Frauen 46 / 5% 80 / 10%
Anteil Männer 861 / 95% 734 / 90%
Anteil Schweizer 500 / 55% 526 / 65%
Anteil Ausländer 407 / 45% 288 / 35%
Anteil neue Mitglieder 145 / 16% 78 / 100%
Total neue Mitglieder 145 / 100% 78 / 100%
Anteil Frauen unter den Neuen 19 / 13% 8 / 10%
Anteil Männer unter den Neuen 126 / 87% 70 / 90%
Anteil Schweizer unter den Neuen 76 / 52% 46 / 59%
Anteil Ausländer unter den Neuen 69 / 48% 32 / 41%

Der Anteil der Manager mit einem ausländischen Pass, die in der Schweiz arbeiten, hat in den letzen Jahren markant zugenommen. Würden sich Schweizer Unternehmen nur noch auf Schweizer Manager/-innen fokussieren, wäre die Schliessung vieler die logische Konsequenz. Die Nachfrage nach Führungskräften auf höchster Ebene kann der einheimische Binnenmarkt gar nicht mehr befriedigen. Zudem ist gemäss der Studie von Guido Schilling auch noch auffallend, dass die Ausländer auf der Führungsetage besser ausgebildet sind. 88% von ihnen verfügen über einen Universitätsabschluss. Die Schweizer kommen auf einen Wert von 69%. An dieser Stelle sei aber doch noch angemerkt, dass die Güte und Dichte an akademischen Weihen noch nie ein Indiz für erfolgreiche Führung war. Diese erhöhen die Chance des Erfolgs, sind aber kein Indikator für erfolgreiche Führung und nachhaltigen Erfolg.

Die Studie hat auch intensiv ein besonderes Augenmerk auf die 20 Unternehmen des Swiss-Market-Indexes (SMI) gerichtet. Diese repräsentieren immerhin 85% Gesamtkapitalisierung des Schweizer Aktienmarktes. Viele dieser Unternehmen sind international ausgerichtet und nehmen als Trendsetter neuer wirtschaftlicher Entwicklung vieles vorweg. Diese etwas fokussierte Sicht auf diese 20 Unternehmen produziert jedoch interessante Fakten:

  • 67% aller GL-Mitlglieder haben einen ausländischen Pass. Im Jahr 2006 war dieser Wert noch 58%
  • 46% dieser ausländischen Führungskräfte kommen aus angelsächsischen Ländern
  • Die Deutschen sind weit abgeschlagen und belegen mit 14% Anteil den 3. Platz auf dem Leadership-Podest

Die Entwicklung bei den neuen Mitgliedern der SMI-Geschäftsleitungen ist noch akzentuierter als erwartet:

  • Bei diesen beträgt der Anteil der Ausländer auf der Teppichetage 69%
  • Jede dritte Führungsperson kommt aus den USA
  • Jede vierte Führungskraft aus Grossbritannien

Mit anderen Worten kommt klar mehr als die Hälfte dieser GL- und VR-Mitglieder aus dem angelsächsischen Raum. Die Führungskräfte aus Deutschland und Österreich fallen mit 15% Anteil kaum ins Gewicht. Die Konklusion der Studie zeigt auch auf, dass der Trend so weitergeht und ca. im Jahr 2015 der Anteil der ausländischen Führungskräfte in den Grossunternehmen klar in der Mehrheit sein wird. Der heimische Human Resources Markt kann den Rekrutierungshunger nach erfahrenen Führungskräften einfach nicht mehr befriedigen. Nicht die Deutschen füllen die Lücken, wie es immer wieder kolportiert wird, sondern die Angelsachsen helfen uns aus der Patsche.

Mit dieser LINK geht es gleich zu den Details der Untersuchung.