Beweglich bleiben.
Personaldienstleister helfen Unternehmen und Menschen auf der ganzen Welt, agil zu bleiben und den wirtschaftlichen Turbulenzen standzuhalten, welche über die Jahre zugenommen haben.
Zu diesem Ergebnis kommt eine neue, gemeinsame Studie der Boston Consulting Group (BCG) und des europäischen Verbandes der Personaldienstleister, Eurociett.
In eindrücklicher Deutlichkeit zeigen die Autoren auf, dass die Volatilität an den Märkten innert der letzten Jahrzehnte massiv zugenommen hat. Mit wachsender Geschwindigkeit werden Jobs vernichtet und dafür neue Stellen geschaffen. Die letzte Finanzkrise 2008/2009 und die aktuell erneut destabilisierte Wirtschaftslage reihen sich in diesen Trend ein. Die Unternehmen müssen sich Strategien zurechtlegen und Massnahmen ergreifen, um in diesem rauen Umfeld weiter zu bestehen. Die Staaten sind darauf angewiesen, dass dies den Unternehmen gelingt, damit Arbeitsplätze erhalten bleiben. Die Arbeitnehmenden müssen in einem Umfeld steigenden Tempos sowie wachsender Anforderungen mobil bleiben, um den Anschluss nicht zu verpassen.
Die Personaldienstleister spielen dabei eine zentrale Rolle, wie die neue Studie belegt. Sie leisten einen Beitrag an den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt. Mit dem Einsatz von Temporärarbeit können sich Unternehmen an saisonale, zyklische und strukturelle Veränderungen – vorgesehene und unvorhergesehene – besser anpassen. So kommt es, dass sich Unternehmen, die Personaldienstleistungen beziehen, deutlich rascher von der letzten Krise erholt haben als andere Unternehmen. Deutsche Unternehmen, die Temporärarbeit einsetzen, verzeichneten im Jahr 2010 gegenüber dem Vorjahr ein um fünf Prozentpunkte höheres Ertragswachstum als Unternehmen ohne temporäre Mitarbeitende (11 Prozent gegenüber 6 Prozent).
Gerade im noch frühen Aufschwung ist es matchentscheidend, wie rasch es den Unternehmen gelingt, sich an die erneut wachsende Nachfrage anzupassen.
Wer schnell ist, schneidet sich ein grösseres Stück vom Kuchen ab. Der Einsatz von temporären Mitarbeitenden ist in solchen Situationen eine geeignete Strategie. Denn etliche Unternehmen hatten in der Rezession ihre Personalstrukturen reduziert und sind aus dieser Situation heraus nicht in der Lage, ein rasch zunehmendes Auftragsvolumen zu bewältigen. Zudem erfüllen die
Personaldienstleister wichtige volkswirtschaftliche Bedürfnisse. BCG und Eurociett stellen fest, dass drei Viertel der Einsatzbetriebe keine festen Mitarbeitenden einstellen würden, wenn es die Temporärarbeit nicht gäbe. Stattdessen würden sie die anstehenden Arbeiten entweder durch das bereits anwesende Personal (in Überstunden) verrichten lassen oder auf deren Erledigung verzichten. Nur einen kleinen Teil der anstehenden Arbeiten würden die Unternehmen ohne Temporärarbeit über andere externe Flexibilitätslösungen abdecken (siehe Grafik oben). Anders gesagt bedeutet dies, dass die grosse Mehrheit der Temporärjobs neu geschaffene Stellen sind, die es ohne Personaldienstleistung nicht gäbe. Temporärarbeit senkt also die Arbeitslosigkeit.
Gezielte Arbeitsmarktintegration
Die Arbeitnehmenden erhalten von den Personaldienstleistern Unterstützung bei den häufiger werdenden Stellenwechseln. Darüber hinaus leisten die Personaldienstleister qualifizierende Aufgaben: Randgruppen mit Integrationsschwierigkeiten am Arbeitsmarkt erhalten durch Temporärarbeit Gelegenheit, im Arbeitsmarkt Fuss zu fassen, Erfahrungen zu sammeln und sich zu beweisen. Viele von ihnen bleiben daraufhin längerfristig im Arbeitsmarkt, mit der Zeit häufig auch als Festangestellte. Die Quote jener, die vor dem Temporäreinsatz erwerbstätig waren, gegenüber jenen, die nach dem Temporäreinsatz weiterhin erwerbstätig sind, ist in vielen Ländern bestechend. In Frankreich zum Beispiel waren vor dem Temporäreinsatz lediglich elf Prozent arbeitstätig (fest, befristet oder temporär angestellt). Nach dem Temporäreinsatz bleiben 66 Prozent im Arbeitsmarkt integriert. In anderen Ländern ist diese Zuwachsrate etwas weniger stark ausgeprägt, aber nach wie vor bemerkenswert. Ausserdem existieren in einigen europäischen Ländern paritätische Institutionen zur Unterstützung der Weiterbildung von temporär Arbeitenden. Deren Kursprogramm ist auf die spezifischen Bedürfnisse von temporär Arbeitenden ausgerichtet. Die Kurse werden zum Beispiel in hoher Kadenz angeboten. Solche paritätisch finanzierten Weiterbildungsfonds existieren in Belgien, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Italien, Spanien und Österreich.
Diese Fonds verteilen jährlich über 500 Millionen Euro an weiterbildungsinteressierte temporär Arbeitende. Damit leisten die Personaldienstleister einen sehr wichtigen Beitrag an den Abgleich der Anforderungen der Unternehmen einerseits und der Qualifikationen der Stellensuchenden andererseits.
Denn dies, so eine weitere Feststellung der neuen Studie, ist eine grosse Herausforderung in vielen Ländern. Der sogenannte «skills mismatch» schafft Arbeitslosigkeit, die nicht so einfach zu beheben ist.
Geeignetes regulatorisches Umfeld
Damit sich die Personaldienstleister entfalten können, bedarf es eines geeigneten regulatorischen Umfeldes. Die Personaldienstleistung ist in vielen Ländern ausführlich reguliert – gesetzlich, sozialpartnerschaftlich und/oder selbstregulatorisch. Ein sinnvolles Regelsystem bewahrt die nötige Flexibilität für alle Beteiligten: Die Unternehmen behalten die Fähigkeit, rasch auf ändernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu reagieren. Für die Arbeitnehmenden werden Jobangebote geschaffen, die ihnen die Erreichung ihrer individuellen Work-Life-Balance ermöglichen.
Gleichzeitig schafft ein geeignetes Regelsystem Sicherheiten:
- Die Unternehmen benötigen Rechtssicherheit für den Abschluss ihrer Einsatz-, Verleih- und Vermittlungsverträge.
- Die Arbeitnehmenden brauchen Beschäftigungssicherheit, eine Absicherung für allfällige Job-Zwischenzeiten und die Möglichkeit, ihre Arbeitsmarktfähigkeit auszubauen.
BCG und Eurociett haben die rechtlichen Rahmenbedingungen der Personaldienstleistung in 30 Ländern untersucht und typologisiert. Dabei haben sie festgestellt, dass sich Personaldienstleister optimal entwickeln, wenn die Personaldienstleistung beziehungsweise Temporärarbeit durch einen Mix von gesetzlichen und sozialpartnerschaftlichen Vorgaben geregelt wird. Gerade die Sozialpartner sind optimal aufgestellt, um einen vernünftigen Ausgleich zwischen Flexibilität und Sicherheit auszuhandeln.
Die gesamte Volkswirtschaft profitiert dabei von einem effizienten Arbeitsmarkt mit einer hohen Erwerbsquote.
Den staatlichen Behörden empfehlen die Studienautoren daher, Sozialpartnerschaft in der Personaldienstleister-Branche zuzulassen beziehungsweise sogar zu fördern und damit die volle Entfaltung der Vorteile der Personaldienstleistung zuzulassen. Staaten, die von behördlicher beziehungsweise gesetzgeberischer Seite die Temporärarbeit nicht anerkennen, sind typischerweise Länder mit relativ hoher Jugendarbeitslosigkeit und Schwarzarbeit, wie BCG und Eurociett feststellen. Wegen mangelhafter Kenntnis der integrativen Kraft der Temporärarbeit bleibt in diesen Ländern etlichen Menschen der Einstieg in den Arbeitsmarkt verwehrt.
Lehren für die Schweiz
swissstaffing fühlt sich durch die Studie in seinen Bestrebungen für einen allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsvertrag im Personalverleih bestätigt. Den Schweizer Personaldienstleistern blieb es bis anhin untersagt, selber und zusammen mit Vertretern der (verliehenen) Mitarbeitenden nach wirksamen, effizienten und sinnvollen Regeln für die Temporärarbeit zu suchen. Stattdessen galt alleine das Gesetz, das seinerseits sogar auf «fremde» Gesamtarbeitsverträge aus anderen Branchen abstellt, die der spezifischen Situation von temporär Arbeitenden und
Personaldienstleistern nicht gerecht werden. Denn Verträge, die das Wohl langjähriger Mitarbeitender in einem spezifischen Wirtschaftsumfeld vor Augen haben, können unmöglich auch auf nur kurze Zeit und dafür in wechselnden Branchen eingesetzte Arbeitskräfte zugeschnitten sein. Deshalb müssen die direkt Betroffenen über die Arbeitsbedingungen in ihrem Gebiet entscheiden. Dass sozialpartnerschaftlich getroffene Regeln zu einem besseren Ergebnis führen, zeigt sich in der BCG/Eurociett-Studie auch generell. Staaten, die ihren Arbeitsmarkt sozialpartnerschaftlich gestalten, erfreuen sich eines deutlich besseren Effizienzgrades (siehe Grafik oben): Die Erwerbsquote ist höher, die Arbeitslosigkeit tiefer. Der «skills mismatch» ist in der Schweiz glücklicherweise weniger ausgeprägt als in anderen Ländern. Das belegt die vergleichsweise tiefe Arbeitslosenquote. Dennoch gibt es auch in der Schweiz eine strukturelle Arbeitslosigkeit, die in vielen Fällen in der Nichtübereinstimmung von verfügbaren Qualifikationen und nachgefragten Fähigkeiten begründet ist. Für die Weiterbildung von Kandidaten für Temporärjobs standen den Schweizer Personaldienstleistern bislang keine spezifischen Mittel zur Verfügung. Mit dem Gesamtarbeitsvertrag Personalverleih wird erstmals ein branchenweiter Fonds geschaffen, der sich paritätisch finanziert und für Weiterbildungsmassnahmen zur Verfügung steht. Die Stellensuchenden sollen damit an die Anforderungen der offenen Stellen herangeführt werden.
Quelle: BCG / Eurociett (2011), «Adapting to Change. How private employment services facilitate adaptation to change, better labour markets and decent work.» www.eurociett.eu