Ist die Abkehr vom Nützlichkeitsdenken wirklich nutzvoll?
Die schleichende und doch forcierte Ökonomisierung dringt in die letzten Kapillaren des Privatlebens ein. Ist das wirklich so schlimm?
Die gegenwärtige weltwirtschaftliche Entwicklung macht depressiv. Da befinden wir uns in der Schweiz wirklich bald auf einer Insel der Glückseligen inmitten sturmgeplagter See.
Vielen Menschen drückt es auf die Seele und das Gemüt. Noch mehr fühlen sich wie in einem Hamsterrad, das immer schneller dreht und den Langsamen aufzeigt, was Fliehkraft bedeutet. Sie fliegen aus dem Job, aus der existenziellen Sicherheit und treffen die sinnentleerte Einöde des nicht Gebrauchtwerdens wieder an.
Die anderen strengen sich noch mehr an, weil die Arbeit der Fehlenden nun auf die Anwesenden aufgeteilt wird und somit der Druck im Kessel steigt. Das Ventil ist schon lange alarmierend am Anschlag und das Warnpfeifen dringt gellend und fordernd in die Gehörgänge ein. Es wird nicht gehört. Die Dumpfheit der Sinne macht alles ein wenig erträglicher.
Viele fühlen sich ausgelaugt, ausgebrannt, müde, depressiv, gestresst, überfordert oder einfach diffus kaputt. Das seelische und körperliche Ausbrennen, als Fehlentwicklung moderner Arbeitsmärkte, nimmt epidemisch zu.
Viele wissen um den positiven Effekt von gutem Stress. Trotzdem empfinden ihn die meisten als Zumutung und krankmachend. Denn auch die typischen Stressverstärker wie Perfektionismus, übersteigerte Geltungssucht oder ein stark zur Schau gestelltes Gefühl der Überverantwortlichkeit öffnen der krankmachenden Wirkung dieses Verhaltes schnell das Tor für die Symptome moderner Gesellschaftskrankheiten.
Viele haben einen beruflichen Altar aufgebaut und opfern ihm alles.
Dass dabei die starken Stützen eines gesunden Seelenhaushaltes, wie zum Beispiel Freundschaften, Familie oder Beziehung, langsam bröckeln ist den meisten klar. Viele verdrängen es und hoffen auf Besserung.
Auf der anderen Seite ist die nervöse und fordernde Ökonomisierung vieler Lebensbereiche gar nicht mehr aufzuhalten. Gerade die vielen elektronischen Möglichkeiten perforieren unseren Alltag regelrecht und nehmen auf ihn starken Einfluss.
Die wichtigen Sollbruchstellen der Masslosigkeit gegen die Selbstausbeutung sind verschwunden.
Viele lassen das aber mit Nonchalance zu und fühlen sich wichtig, wenn Informationen zum Beispiel im Sekundentakt eintreffen und der Meinung sind, diese auch immer zeitgleich zu erledigen. Eine hohe Leistungsbereitschaft ist a priori nicht schlecht. Viele fangen jedoch bald an mit ihren Pfunden zu wuchern und die übertriebene Leistungsperformance verwandelt sich in eine erschreckende Leistungsgier in Verbund mit einem Erfolgsdurst, der oft fast unstillbar ist. Diese Kombination ist gefährlich.
Viele wollen nützlich sein, nutzen sich brutal selber aus und landen früher oder später auf der gesellschaftlichen Müllhalde der Vermurksten, Verkorksten und Erschöpften. Die vielen Meriten und Leistungsorden, die man sich über Jahre mit viel Stolz erarbeitet hat, nützen dann nichts mehr. Sie interessieren auch niemanden. Der Ökonomisierung vieler Lebensbereiche entkommen wir nicht. Heute ist die Frage nach dem Nutzen und der Wirtschaftlichkeit der eigenen Handlungen stark im Vordergrund.
Die Kunst des Müssiggangs oder das süsse Gift des Dahinlebens sind suspekt.
Solche Zeitposten lassen sich in der Lebensbuchhaltung schlecht kontieren. Wo käme man hin, wenn sich jeder einfach so gehen lässt und der gewollte Kontrollverlust vielleicht der Schmierstoff der Seelenmaschine ist. Kurzum: Modernes Leben fordert Opfer. Wichtig ist, dass man darum weiss und sich bewusst auch mal klar abgrenzt mit aller Konsequenz. Eine hohe Leistungsbereitschaft ist für unsere Wirtschaft wesentlich. Ohne die läuft nichts. Auch Ehrgeiz ist gut. Ehrgeizige Menschen bewegen viel und bringen auch jenen Vorteile, die es nicht sind. Aber viele sind grenzenlos mit sich selber. Und ihre ganz persönliche Verhaltensethik wird ohne langes Federlesen den eigenen superehrgeizigen Ansprüchen geopfert bis die Systeme gründlich streiken und dann für niemanden mehr einen Nutzen haben. Denn auch die Zeit der Muse, Entspannung und Ruhe sind nutzvoll. Diese tragen dazu bei, dass der eigentliche Nutzen eine Handlung nutzbar bleibt und schlussendlich auch nützlich ist.
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