Armeechef bezirzt Wirtschaft.
Korpskommandant André Blattmann will den Managern militärische Führungskompetenzen beibringen. Und den Bankern wohl Bescheidenheit. Plan für die berufliche Zukunft: Offiziere sollen zurück in den Unternehmen von der militärischen Führungserfahrung profitieren (ein Beitrag von: Bruno Schletti, Tagesanzeiger).
Plan für die berufliche Zukunft: Offiziere sollen zurück in den Unternehmen von der militärischen Führungserfahrung profitieren.
Armeechef André Blattmann hat seine Sporen in einer Bank abverdient. «In einer mit drei Buchstaben», wie er diskret formuliert. An der Spitze seien fast ausschliesslich Milizoffiziere gestanden. «Die Bank war damals sehr erfolgreich», meint Blattmann vielsagend. Militärische Führungskompetenzen – das die Botschaft – sind erfolgversprechend.
Das war einmal. In vielen Unternehmen muss sich heute rechtfertigen, wer wegen seiner Offizierslaufbahn immer wieder dem Arbeitsplatz fernbleibt. Blattmann will den heutigen Managern aufzeigen, dass Offiziere nicht nur durch viele Absenzen glänzen, sondern – zurück im Unternehmen – von der militärischen Führungserfahrung profitieren. «Die Armee ist die beste praktische Führungsschulung der Schweiz», sagt der Korpskommandant. Es sei ein gegenseitiges Geben und Nehmen.
Versicherer machen nette Worte
Mit dem Schweizerischen Versicherungsverband hat er den Dialog angestossen. Urs Berger, Verbandsvize und Konzernchef der Mobiliar, sagt: «Die Privatversicherer sind gegenüber der Schweizer Armee grundsätzlich positiv eingestellt.» Mit Fachwissen allein komme man nicht ans Ziel. Für Leistung und Erfolg sei die Persönlichkeit, die Sozial- und Führungskompetenz ebenso entscheidend. Auch für die Schweizer Armee sei die Qualität der Leute ein entscheidender Erfolgsfaktor.
Auf die Führungsschulung der Versicherer dürfte das kaum einen grossen Einfluss haben, auch wenn man die Avancen des Armeechefs freundlich kommentiert. Die Bâloise schreibt etwa: «Eine militärische Kaderausbildung wird bei den Basler Versicherungen wohlwollend zur Kenntnis genommen und kann auch einen positiven Einfluss auf die Laufbahn haben.» Gleichzeitig relativiert man in Basel: «Die militärische Kaderausbildung ist jedoch kein Schlüsselkriterium für bessere Karrierechancen bei den Basler Versicherungen, sondern wird gleich wie alle anderen Beurteilungskriterien behandelt.» Auch bei der Axa Winterthur heisst es, die militärische Erfahrung sei «willkommen, aber nicht Bedingung». Und weiter: «Eine Offizierslaufbahn alleine hat auf die Karrierechancen bei der Axa Winterthur keinen Einfluss.» Hinter vorgehaltener Hand werden Vertreter von Versicherern auch deutlicher. So meint einer: «Die militärische Laufbahn hat etwa den Stellenwert einer Pfadikarriere.»
Klartext vernimmt man in der Kadervermittlungsbranche. Die Basler PKS Personal & Kaderselektion AG, sagt: «Die militärische Führungserfahrung hat überhaupt nicht mehr den Stellenwert von früher.» Die kleinen Unternehmen hätten kein Interesse daran, dass die Leute ständig abwesend seien. In grösseren Unternehmen werde zum Teil wieder Wert auf militärische Führungserfahrung gelegt.
Händedruck statt Bonus
Daniel Luchsinger, Mitinhaber der Kadersuche Mac Lynx, sagt: «Die militärische Ausbildung hat null Bedeutung.» Im Konsumgüterbereich, in dem Max Lynx vor allem aktiv ist, würden viele Unternehmen Ländergesellschaften betreiben. Diese würden oft von Deutschland oder den USA aus gelenkt. «Dort wissen sie nicht einmal, dass wir eine Armee haben», spöttelt Luchsinger. Armeechef Blattmann knüpft dennoch Kontakte zu anderen Branchenverbänden: Swissmem, Chemische Industrie, Bankiervereinigung. «Wir vermitteln auch Werte», sagt Blattmann. Er nennt etwa Loyalität, Durchhaltewillen, Ehrlichkeit, Bescheidenheit. «Wer bei uns eine Leistung erbringt, bekommt dafür einen Händedruck, aber sicher keinen Bonus.» Die Frage, ob er jetzt den Bankern Bescheidenheit beibringen wolle, lässt der Armeechef unbeantwortet.