Basel — der wichtigste Life Science Standort Europas
Zusammen mit dem Swiss Venture Club organisierte die Credit Suisse im neuen Novartis Campus die viel beachtete Veranstaltung „Life Science Cluster Basel – Wie profitiert die regionale Wirtschaft?“ (Quelle: Andreas Schiendorfer)
1873 gründete Samuel Benoni Siegfried in Zofingen eine eigene Firma zur Belieferung von Apotheken. Heute erzielt die von Markus Altwegg geleitete Siegfried Gruppe mit weltweit 800 Mitarbeitenden einen Umsatz von 300 Millionen Franken. Die seit 1999 selbstständige Solvias AG ist als Leistungs- und Kompetenzzentrum für innovative wissenschaftlich-technische Dienstleistungen für Kunden der chemischen und pharmazeutischen Industrie derart erfolgreich, dass Hansjörg Walther mit seinen 280 Mitarbeitenden Mitte 2010 aus Basel heraus in einen Neubau in Kaiseraugst ziehen wird. Der Basler Apparatebauer Apaco von Andreas Hänggi beschäftigt 76 Jahre nach seiner Gründung in Grellingen 85 Personen.
Drei Beispiele von vielen: Der Life Science Cluster der Region Basel hat die verschiedensten Gesichter und erfreut sich einer hohen Vitalität.
In der Schweiz für über 50’000 Arbeitsplätze besorgt
Gastgeber Daniel Vasella, Chairman und CEO Novartis, betonte in seinem einleitenden Referat, dass Basel zum europaweit stärksten und erfolgreichsten Standort der Pharmaindustrie geworden sei. Novartis, das drittgrösste Pharmaunternehmen der Welt, beschäftige gegenwärtig in der Schweiz 12’000 Mitarbeitende und sorge bei jährlichen Bestellungen in der Höhe von gut 2 Milliarden Franken für über 40’000 weitere Arbeitsplätze im ganzen Land, vornehmlich aber in der Region Basel. Besonders gross sind derzeit die Anstrengungen, Basel als Forschungs- und Entwicklungszentrum zu stärken. Dafür gab Novartis 2007 2,8 Milliarden Franken aus, davon 860 Millionen in Sachanlagen. Das Bekenntnis zum Standort Schweiz wird im neuen Novartis Campus sichtbar, umgekehrt erhofft sich Vasella ein klares Bekenntnis der Schweiz zur pharmazeutischen Industrie, beispielsweise wenn es um zentrale Fragen des Patentschutzes oder von Parallelimporten geht.
Das eigentliche Cluster liegt im Fricktal
„Life Sciences ist fest in KMU-Hand“, führte Martin Neff, Leiter Economic Research Credit Suisse, aus. „Auch wenn natürlich Novartis und Roche zusammen weitaus die meisten Mitarbeitenden stellen, so sind doch über 90 Prozent der Unternehmen KMU, die zusammen von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Region sind.“ Mehr als diese Aussage überraschte es, dass Neff das (aargauische) Fricktal ebenfalls zu diesem Life Science Cluster zählte, ja, es sogar als dessen Herz bezeichnete. Während in der Stadt Basel auch Unternehmensdienstleistungen und das Gesundheits- und Sozialwesen überdurchschnittlich viele Arbeitsplätze stellen, sind im Fricktal mehr als ein Fünftel der Arbeitsplätze den Life Sciences zuzurechnen, zu dem Forschung, Entwicklung und Produktion von Produkten der Pharma-, Medtech- und Agro-Branche gerechnet werden.
Weit überdurchschnittliche Wertschöpfung
Eine dritte Aussage Neffs erregte Aufsehen: Er untersuchte, was mit der Region passieren würde, wenn die Beschäftigten des Life Science-Bereichs, insgesamt 27’790 Personen, in anderen Branchen mit durchschnittlicher Wertschöpfung tätig wären: Basel würde innerhalb der 110 Schweizer Wirtschaftsregionen vom 2. auf den 10. Platz zurückfallen, das Untere Baselbiet vom 10. auf den 19. und das Obere Baselbiet vom 27. auf den 42 Platz. Einen dramatischen Absturz von der Spitzengruppe (Rang 5) ins breite Mittelmass (Rang 46) würde das Fricktal erleben.
Bern stellt sich manchmal taub
Life Science ist mehr als „nur“ Pharma, und Life Science ist ein tragender Pfeiler für den Wohlstand der Region und letztlich des ganzen Landes. Darin waren sich Bernhard Fischer, Leiter Region Nordschweiz der Credit Suisse, und alle anderen Veranstaltungsteilnehmer einig. Ist demnach alles in Ordnung? Michael F. Plüss, CEO Schweiz Novartis, erklärte allerdings, dass man manchmal das Gefühl bekomme, aus der Sicht der Hauptstadt höre die Schweiz am Jura – und demnach vor Basel – auf.
Deshalb würde man sich im Bundesparlament eine standesbewusstere politische Vertretung wünschen.
Anwesende, Nationalrat Peter Malama, Direktor Gewerbeverband Basel-Stadt, natürlich ausgeschlossen. Malama wies auf die gut funktionierende Symbiose der beiden Grossunternehmen Roche und Novartis und der vielen KMU-Zulieferer hin, umso mehr als letztere manchmal auch durch Outsorcing entstanden sind. Es besteht jedenfalls keine ungesunde, einseitige Abhängigkeit, denn die KMU haben sich dank Qualitätsarbeit in Nischenbereichen und ihrer Flexibilität eine respektable Stellung erarbeitet und verfügen meist auch über weitere wichtige Kunden.
Hans-Ulrich Meister nützte als CEO Schweiz die Gelegenheit, um die Bedeutung der Credit Suisse für die Firmenkunden – und umgekehrt – herauszustreichen und gleichzeitig den Standpunkt der Bank bei Kreditvergaben oder anderen Finanzgeschäften darzulegen.
Attraktive Arbeitsplätze
Star des Abends war indes keine der zahlreichen Persönlichkeiten, sondern der Veranstaltungsort selbst: der Novartis Campus ist bereits jetzt ein eindrücklicher Ort des Wissens, der Innovation und der Begegnung und wird dereinst rund 10’000 Mitarbeitende beherbergen.