Das Plagiieren mit dem Plagiat wird zur Plage! Der Doktorhut und ‚copy & paste‘.
Kein Tag vergeht ohne eine Pressemitteilung, dass wieder ein Doktorhut flöten ging. Ist das Abschreiben eine Plage geworden?
Das Bescheissen beim Verfassen von Dissertationen scheint epidemisch zu sein. Der Wissenschaftsbetrieb war aber noch nie ein Musterknabe an Tugend. Die Bildungsfabrik Universität hat schon immer Menschen hervorgebracht, die Doktorhüte mit Federn schmücken, die sie selber nicht erworben haben.
Das Abschreiben ohne Zitat der Quellen ist ein Übel, das es schon lange gibt. Die künstlich echauffierte Empörung darüber ist heuchlerisch und auch ein Schutzreflex. Welche Uni hat es schon gerne, wenn ehemalige Studenten und Studentinnen, die in Gesellschaft, Wirtschaft oder Politik einen mächtigen Status erreicht haben, der auch auf die Reputation der Lehranstalt abfärbt, zähneknirschend zugeben, dass die Doktorarbeit ein Stuss ist. Denn auch auf die prüfenden Professoren fällt der Bannstrahl angeblicher Inkompetenz. Nichts ist peinlicher für die universitäre Geisteselite, zugeben zu müssen, dass eine geprüfte Dissertation nur ein ödes Machwerk und der Hersteller des rezyklierten Altwissens ein profaner Fälscher oder ein unverfrorener Abschreiber ist.
Es ist längstens bekannt, dass es spezialisierte Unternehmen gibt, die im Auftragsverhältnis Dissertationen zum gewünschten Thema schreiben, wenn der Doktorand bereit ist, den Preis für diese Dienstleistung zu bezahlen.
Die geisteswissenschaftlichen Arbeiten sind günstiger als die naturwissenschaftlichen. Trotzdem ist auch das noch mit einem gewissen Aufwand verbunden. Der Doktorand hat immerhin noch eine mündliche Prüfung zu bestehen und muss sich mit der eingekauften Dienstleistung auseinandersetzen. Mit dem eingesparten intellektuellen Aufwand für die Forschung, für die Recherchen und für das Verfassen der Texte, ist das nötige Reflektieren über den Inhalt von den Professoren weitaus angenehmer und schneller.
Warum werden Plagiate immer schneller entdeckt?
Früher war es einfacher aus nicht so bekannten Quellen abzuschreiben. Das Prüfen von Dissertationen bedeutet einen gewissen Zeitaufwand. Das setzt auch ein gewisses Mass an Akribie voraus, um kopierte Texte entlarven zu können. Die fortschreitende Technik der Digitalisierung mit ihren schnellen Textvergleichen und intelligenten Suchfunktionen hat vieles einfacher gemacht. Die Bibliothekstechnologie macht inzwischen vieles möglich. Millionen Fachbücher, Dissertationen und Forschungsberichte – nicht nur die neuzeitlichen – werden gescannt, damit die Daten besser der akademischen wie auch nichtakademischen Welt zur Verfügung stehen. Moderne Software macht Textvergleiche oder das sogenannte ‚Content-Matching‘ der Inhalte immer einfacher. Nicht jeder Hit muss dann gleich ein Plagiat sein.
Es gibt aber anscheinend immer mehr skrupellose Versuchungen die eingefleischte Kultur der Quellennennung von Informationen nicht mehr zu respektieren und fremde Geisteskraft als eigene zu deklarieren.
Ist der Plagiatsjäger ein neuer Beruf?
Eigentlich nicht. Es scheint jedoch langsam zu einem Volkssport zu werden, publizierte wissenschaftliche Werke auf geklaute Textinhalte zu prüfen. Diejenigen, die es mit der Nennung der Quellen nicht so genau nahmen, werden früher oder später auffliegen und im schlimmsten Fall nicht nur mit Häme übergossen, sondern können den akademischen Titel gleich abgeben. Meistens hat das eine Entlassung an der Arbeitsstelle zur Folge und geht einher mit dem schleichenden oder auch sofortigen Verlust der sozialen Stellung. Die Integrität des Rufes ist ein Leben lang beschädigt.
Plagiatsjäger brüsten sich mit ihrer erlegten Beute.
Besonders dann, wenn es mal wieder eine prominente Person trifft. Das mag moralisch verwerflich sein. Auf der anderen Seite sei mal an dieser Stelle geschrieben, dass Plagiatsjäger, auch wenn deren Motive nicht immer ganz koscher sind und angeblich nur der Sache dienen sollen, jenen Aufrichtigen einen guten Dienst erweisen, die ihre Doktorarbeit selber schreiben und ihren Doktortitel aufgrund eigener Leistung und originärer Geisteskraft erwerben.
Es ist hinlänglich bekannt, dass zum Teil renommierte Wissenschafter ihre Forschungsergebnisse fälschten, weil der Publikationsdruck oder das Versiegen von Forschungsgeldern unerträglich wurden und scheinbar hofften mit getürkten Daten trotzdem ans Ziel zu gelangen. Meistens erleiden sie Schiffbruch und saufen ab. Der Konkurrenzdruck im Wissenschaftsbereich ist dermassen gross, dass alle eifersüchtig darüber wachen, dass nur Forschungsresultate gelten, die den bekannten Normen und Kriterien der Forschung auch entsprechen.
Zukünftige Forscher oder akademisches Fachpersonal, die mit einem Plagiat reüssieren konnten, werden auch später Wirtschaft und Gesellschaft mit ihrer intellektuellen Schlüpfrigkeit narren und weiter bescheissen.
Somit ist es richtig, wenn Plagiatsjäger weiterhin auf die Pirsch gehen und alle aus dem Verkehr ziehen, notabene auch zum Schutz der Ehrlichen, die eine unerlaubte Abkürzung nehmen möchten oder meinen, dass der Igel immer noch schlauer ist als der Hase. Ein Märchen.