Aug. 24

Der Chef ist nicht immer der Boss. ‚Denglish’ und ‚Globish’ bringen die Sprachpuristen ins Grübeln. Nicht nur sie.

Author: PersonalRadar

Aus Deutsch und English wird ‚Denglish‘ oder einfach ‚Globish‘. Gerade in der Arbeitswelt vermischen sich die beiden Sprachen rasant. Der angeblich moderne ‚Business-Kauderwelsch‘ wird die neue ‚Lingua Franca’. Viele stören sich nicht mehr daran.

Die Anglizismen erobern die Arbeitswelt mit aller Konsequenz (Bildquelle: www.pixabay.com, Fotograf: Gert Altmann)

Anglizismen erobern die Arbeitswelt mit aller Konsequenz. Der biedere Geschäftsführer einer kleinen Klitsche heisst jetzt CEO, also pompös ‚Chief Executive Officer’, und wenn er eine Arbeitsgruppe für eine bestimmte Sache einsetzt, dann wird selbstverständlich daraus die ‚Taskforce’, die auch sofort einen ‚Timetable’ hat, damit all die ‚Duties’ auch gut ‚gemanaged’ werden können. Gerade die letztlich angestrebte Verbesserung des helvetischen Gesundheitswesens mutierte zur ‚Managed Care’ und führte dazu, dass das Stimmvolk anders ‚performte’ und beim ‚Voting’ halt ein kühles Nein einlegte. Vielen war schon der Grundbegriff suspekt.

Die Ansammlung von Randständigen vor dem Hauptbahnhof wird zum ‚Hot-Spot’ des Ärgernis und die ‚geile Bitch’ bei den ‚Hey-Alter‘ Jugendlichen zum Kosenamen. Schnell ‚speedet’ das ‚Businesspeople’ um die Mittagszeit zur superbiologischen ‚Soupbar’, weil man den ‚Convenient-Trash’ nicht mehr essen kann oder ‚foodet’ dann irgendwelchen anderen ‚Junk’, der schnell gut nährt, aber ein wenig zu ‚spicy’ ist und den ‚getunten Body’ wieder ‚out of shape’ bringt.

Der ‚Masterplan’ und die ‚Roadmap’ kreuzen ständig unsere berufliche Wege und keine Sau weiss wirklich genau was das zu bedeuten hat. Auch wenn die ‚Skills’ durchaus auf der Höhe der Zeit sind, gibt es viele, die durch diese Vielfalt an neuer Begrifflichkeit ein wenig ‚confused’ sind und den Jargon annehmen, damit sie nicht als ‚outdated’ oder ‚old fashioned’ wahrgenommen werden.

Auch die ‚Employability’ der Frauen hat auf dem ‚Jobmarket’ eine immer grössere Bedeutung. Denn die jungen berufstätigen Väter wünschen mehr ‚Quality- oder Premiumzeit’ mit den ‚Kids’ damit die Work-Life-Balance’ nicht in die Binsen geht und ein ‚Burnout’ der ersten Güte vermieden werden kann. Denn ‚Familytime’ ist schliesslich voll mit ‚Spirit‘.

Wollen wir die Verhunzung der eigentlichen Sprache einfach so akzeptieren, es voll ‚cool’ nehmen oder einfach entspannt ‚easy’ die Sache so nehmen wie sie ist?

Viele Englischwörter werden mit der grössten Selbstverständlichkeit in den eigenen Sprachschatz aufgenommen und täglich hemmungslos angewendet, ohne sich mal über die tiefere Bedeutung dieser gewahr zu werden.

Der Begriff ‚Public Viewing‘ ist dafür ein wunderschönes Beispiel. Das hiesige Verständnis für dieses Wortpaar meint das gemeinsame öffentliche Betrachten von im Fernsehen übertragenen Fussballspielen auf Grossleinwänden. Lädt man nun Freunde aus den USA und Grossbritannien zu einem solchen Vergnügen ein, werden sie diesen Begriff niemals mit einer Sportübertragung in Verbindung bringen. In diesen Ländern bedeutet ‚public viewing‘ einfach die öffentliche Aufbahrung eines offenen Sarges, damit die Trauernden sich gebührend persönlich von der verstorbenen Person verabschieden können.

Der korrekte Begriff ist übrigens ‚public sport broadcast‘. Wird dieser verwendet, dann hellen sich die Mienen wieder auf und alle kommen an den Anlass.

‚He? Was bedeutet dieser Begriff wieder?‘ Gerade junge Berufsleute sprechen oft eine Geschäftssprache, die kryptisch wirkt und sich nicht immer allen erschliesst (Bildquelle: www.pixabay.com, Fotograf: Clker-Free-Vector-Images)

Nachfolgend noch eine weiteres Beispiel:

Shootingstar: Sternschnuppe

Womit bei uns ein Senkrechtstarter gemeint ist, also jemand, der es rasch an die Spitze geschafft hat, damit wird in Amerika oder in England eine Sternschnuppe benannt – und diese ist bekanntlich nur dann sichtbar, wenn sie gerade am Himmel verglüht.

 

Auch der Begriff «shooting», der bei uns einen Fototermin meint, kann sehr missverständlich sein. Denn in Amerika und England möchte niemand in ein «shooting» – in eine Schiesserei – verwickelt sein. Das Fotografieren eines Models heisst dort «photo shoot». Wenn Models in New York zudem davon berichten, dass sie inzwischen auch in vielen Spots zu sehen seien, dann fragt sich der Amerikaner: Von welchen Pickeln – auf Englisch «spots» – ist hier die Rede? Werbebeiträge am TV heissen «commercials» oder «advertisements». (Quelle: Schweizer Familie ‚Vorsicht, Sprachfalle!‘ )

‚Who cares about it?’ ist schliesslich zum geflügelten Begriff geworden. Es ist mehr und mehr eine ‚Challenge’, die verlorenen Wörter wieder für den aktiven Sprachgebrauch zurückgewinnen zu können. Sprache ist schliesslich immer ‚on the move’ und der ‚Change’ übt seinen Einfluss aus.

Die Entwicklung ist wahrscheinlich ohnehin nicht aufzuhalten.

Der ‚daily talk’ zwischen den Menschen formt das Neudeutsch zu einer neuen Sprache. ‚Take it easy!’. Der  ‚Chef‘ ist übrigens in der anglophonen Welt ein Koch. Der Boss ist allerdings wieder der Chef. Zwischen Sprachwagnis und Sprachwirrnis ist oft nur ein feiner Unterschied 😉

Wenn nichts mehr geht, hilft immer noch die internationale Zeichensprache. Diese ist zeitlos und überwindet sprachliche Missverständnisse manchmal schneller bis zur nächsten sprachlichen Gabelung (Bildquelle: www.pixabay.com, Fotograf: Oliver Peters)