Schön sein, kann schön hässlich werden. Hilft Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt?
Schöne Menschen sind erfolgreicher. Schönheit schmiert das persönliche Getriebe des Lebens und ist ebenso der Treibstoff für den Erfolg.
Forschende haben an der Ben-Gurion-Universität herausgefunden, dass gut aussehende Frauen weniger zu Job-Interviews eingeladen wurden. Gemäss den Resultaten sind es die Frauen, die daran schuld sind, dass Beauties auf dem Arbeitsmarkt scheitern und diskriminiert werden. Es ist doch immer wieder erstaunlich was für Resultate die moderne Forschung erzeugt, wenn genügend Geld und Zeit vorhanden sind, um selbst bei einer dünnen Datendecke Resultate publizieren zu können.
Das englische Wirtschaftsmagazin ‚The Economist‘ hat vor geraumer Zeit diese Meldung abgesetzt und mancherorts über die Forschungsanstrengungen staunen lassen. Die beiden Wissenschafter Bradley Ruffle und Ze’ev Shtudiner haben über 5’000 fiktive Bewerbungen an Unternehmen in Israel versendet. Auf die gleiche Stelle wurden immer zwei Bewerbungen versendet, die sich in Sachen Lebenslauf und Qualifikation der Bewerbenden sehr ähnlich waren. Der einzige Unterschied war die Foto. Einmal wurde die Bewerbung mit und das zweite Mal ohne Foto versendet. Die Fotos stammten von durchschnittlich bis überdurchschnittlich gut aussehenden Frauen. Das Resultat der Untersuchung – man kann es ahnen – ist dergestalt, dass die Attraktiven weitaus weniger zu Interviews eingeladen wurden.
Der Durchschnitt kam dafür überdurchschnittlich oft auf seine Kosten. Gemäss der Untersuchung verhält es sich bei den Männern gleich umgekehrt. Ist der Mann attraktiv, dann kann es auch der Dümmste zum Interview schaffen. Die Forschungsergebnisse verraten leider nichts darüber, ob es dann auch zu einer Anstellung kam.
Die Quintessenz des Forschungsauftrages ist folgendermassen: Bist du ein hässliches Entlein, dann wirst du es auch als schöner Schwan mit majestätischer Grandezza nicht besser haben. Das Mondgesicht vertreibt die Sonne aus dem Antlitz. Die Frauen sind – wie oben schon erwähnt – übrigens angeblich daran schuld. In Israel ist der Anteil weiblichen Personals überdurchschnittlich hoch in den HR-Abteilungen. Gut aussehende Bewerberinnen werden angeblich als Konkurrenz empfunden, die man nicht ohne Not in die Firma importieren will. Schliesslich möchte man das kleine Reservoir an gut aussehenden Männern, die in der Firma tätig sind, nicht mit den attraktiven Frauen teilen müssen.
Ob diese Resultate in der HR-Forschung wirklich tiefe Spuren hinterlassen oder doch nur weitere Stereotypen bedienen wird die Zukunft weisen. Immer wieder wurde mitgeteilt, dass Schönheit auf dem Arbeitsmarkt eine tragende Rolle spielt und Vorteile bringt. Was wird uns nicht alles zum Besten gegeben, um der botoxierten Welt zum erfolgreichen Durchbruch zu verhelfen! Seit Jahren profitiert die plastische Chirurgie davon, dass es sich in der Zwischenzeit jeder Normalo leisten kann, seine schiefen Zähne, die krumme Nase, die abstehenden Ohren, die der Schwerkraft zuneigenden Brustdrüsen und die tief gefurchten Krähenfüsse richten zu lassen, damit das Konterfei und die allgemeine Physis in einem metaphysischen Kunstlicht erscheinen. Die Hülle muss um jeden Preis gestrafft werden, damit der erschlaffte Inhalt besser übersehen wird. Alle wollen gut aussehen. Das ist menschlich. Zudem lebt ein grosser Teil der Arbeitswelt sehr gut davon. Das ist ebenso typisch menschlich!
Plötzlich kommt jedoch dieses Dogma ins Wanken und es wird uns weisgemacht, dass die Krummnasigen den Schönen den Rang ablaufen.
Es wird sogar empfohlen, dass man keine Foto dem Lebenslauf beifügt. Ganz nüchtern betrachtet ist es auf jeden Fall immer noch so, dass es gut aussehende Menschen im Leben manchmal ein wenig einfacher haben. Bestimmt auch in Israel. Vielleicht ist der Arbeitsmarkt in diesem Land, und da liefern uns die Forschungsergebnisse keine weiteren Hinweise, in einem anderen Zustand als in der Schweiz. In der Schweiz ist der Arbeitsmarkt positiv angespannt. Das heisst: Auch die Krummnasigen finden ohne Probleme gute Anstellungen, wenn die Qualifikation nicht krumm ist. Auch bei uns haben die Beauties einen schweren Stand, wenn sie nichts können. Erfolgreiche Volkswirtschaften sind dann erfolgreich, wenn die Schönheit der Bewerbenden unter der Schädeldecke liegt in Form von vielen Milliarden grauen Hirnzellen, die ganz schön viel Output leisten und der Wirtschaft mit ihrer Gesamtleistung schöne Augen machen. Volkswirtschaften sind keine Modellagenturen, wo körperliche Attraktivität zu den wichtigen Assets gehört. Disziplin, Schaffenskraft, Intelligenz und Neugierde bringen die Produkte und Dienstleistungen hervor, die für eine Wirtschaft wichtig sind. Der Mangel an Fach- und Führungskräften hat in der Schweiz ein so ausgeprägt hohes Mass angenommen, dass das Aussehen als Einstellungskriterium ohnehin nur eine allerhöchstens untergeordnete Rolle spielt.
Sieht die ‚Birne‘ gut aus und verfügt auch über eine gute Denkleistung, ist alles paletti.
Es wird auch immer wieder kolportiert, unter Einfluss der angelsächsischen Arbeitswelt, dass Jahrgänge und Fotos nichts in einer Bewerbung zu suchen haben. Diese zementieren angeblich nur Vorurteile und benachteiligen Bewerbende, die unvorteilhaft aussehen, die ‚falsche Ethnie‘ haben und der Pensionsgrenze näher sind als der Durchschnitt. Das ist einfach ziemlich verlogen und eine heuchlerische Augenwischerei. Das Aussehen kommt spätestens beim Interview zum Vorschein und das Alter ebenso. Der angespannte helvetische Arbeitsmarkt kann auf die berufliche Expertise der Alten gar nicht mehr verzichten. Ein Unternehmen, das seit Monaten eine bestimmte Position besetzen muss, ist es ziemlich einerlei, ob die Person nun dem gängigen Schönheitsideal entspricht. Hauptsache das Motto stimmt: ‚The job is done!‘. Das gilt übrigens auch in der angelsächsischen Welt. Schönheit ist gut. Können ist besser. Beides zusammen wäre zu schön, um wahr zu sein.
Mit diesem Link kommen Sie noch zu ein paar Tipps in Sachen guter Bewerbung. Selbstverständlich für die Schönen wie auch die Krummnasigen 😉