Wie internationale Handelsverträge Jobs vernichten.
Es wird mit immer härteren Bandagen auf dem globalen Markt der Handelsgüter gekämpft, um den eigenen Arbeitsmarkt möglichst von der Konkurrenz zu schützen.
Kürzlich gab es einmal mehr einen veritablen Streit zwischen China und den USA. China produziert billige Autoreifen, die auf dem amerikanischen Markt beliebt sind, da im Autoland USA gerade die einkommensschwachen Haushalte auf solche Produkte angewiesen sind. Die exportierende Grossmacht hat jedoch die Rechnung ohne den amerikanischen Zoll gemacht. Gewerkschaften gingen auf die Barrikaden und wollten mit dieser Massnahme die heimische Reifenindustrie schützen. Kurzum die Reifen aus China wurden mit einem massiven Schutzzoll belegt. Die einheimischen Anbieter konnten jedoch die Zielgruppe, die auf solche Billigriefen erpicht ist, gar nicht bedienen.
Die zolltechnische wie auch protektionistische Massnahme rettet keinen Job. Zölle vernichten meistens Jobs. Die Aktion war ein Schuss in den Ofen.
Weitaus besorgniserregender ist jedoch die Tatsache, dass Schwellen- und Entwicklungsländer vermehrt mit der Tatsache konfrontiert werden, dass Handelsabkommen nur noch zustande kommen, wenn bestimmte rigide Auflagen erfüllt werden. Gerade die USA, die sonst ziemlich hemdsärmlig ihre wirtschaftlichen Interessen durchsetzt, reagiert neuerdings ziemlich verschnupft, wenn sich die geoökonomischen Verhältnisse zugunsten jener Länder ausrichten, die man früher etwas verklärt als ‚Tiger-Staaten’ oder ‚Emerging Markets bezeichnete. Die zeigen inzwischen ihre Krallen und kraftvolle Potenz und konkurrenzieren die alten Industrienationen auf empfindliche Art und Weise.
Inzwischen hat die USA reagiert und in feiner Dosierung versteckte Retrosionsmassnahmen ergriffen, die unter dem Deckmäntelchen arbeitsethischem Altruismus daherkommt.
Wenn die USA Handelsabkommen mit Partnern, im speziellen mit Entwicklungsländern und aufstrebenden Wirtschaftsnationen, abschliessen, dann verlangt sie neuerdings, dass die Arbeitnehmerrechte auch in solchen Regelwerken explizit erwähnt und durchgesetzt werden. Das heisst diese Länder müssen
- die Versammlungsfreiheit respektieren,
- Gewerkschaften zulassen oder
- die schlimmsten Formen von Kinderarbeit eliminieren.
Sehr oft wird sogar noch verlangt, dass diese Arbeitsmärkte sogenannte akzeptable Arbeitsbedingungen bieten müssen, damit sie ihre Produkte überhaupt in die USA exportieren müssen. Das heisst im Klartext, dass
- Minimallöhne gezahlt werden,
- der Gesundheitsschutz respektiert wird
- und die Arbeitsstunden geregelt sind.
Des Weiteren müssen die Gesetzgeber dieser Länder auch darauf bedacht sein, dass Diskriminierungen am Arbeitsmarkt verhindert werden.
Mit anderen Worten greift eine neuer Form von Protektionismus um sich, der von jenen Industrienationen initiiert wurde, die den totalen Welthandel über Jahre propagiert haben und jetzt ihre Arbeitsmärkte in Gefahr sehen, da die zunehmende Konkurrenz dieser aufstrebenden Wirtschaftsnationen ihre heimischen Märkte wie auch Exportzahlen in Bedrängnis bringen. Ein groteske Situation.
Was ist die tiefere Absicht über restriktive Klauseln in den Handelsverträgen auf solch hanebüchen Weise Wirtschaftspartnern zu bändigen? Mit diesen Auflagen können die Produktionskosten der mitbewerbenden Volkswirtschaften hoch getrieben werden. Steigen die Produktionskosten, dann wird manches Exportgut zum ‚Non-Valeur’. Da wird der liberale Welthandel propagiert, damit alle gleichberechtigt ohne Einschränkungen an diesem teilnehmen können und plötzlich wird mit ethischen Standards dieser wieder ‚reguliert’, damit man sich die Konkurrenz vom Leibe halten kann.
Eine hoch industrialisierte Wirtschaft sollte darauf bedacht sein, dass sie mit ungebrochener Innovationskraft, Erfindungsgeist, Qualität und ausgezeichnetem Berufswissen ihre globalen Mitbewerbern in Schach halten kann.
Viele Entwicklungsländer sind noch Lichtjahre davon entfernt, Standards einhalten zu können, die der Westen über jahrzehntelange gesellschaftliche Entwicklungsprozesse und arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen erst mühsam erworben hat. Protektionismus hat noch nie einen Arbeitsplatz gerettet und gehört dort hin, wo ihm der Platz gebührt: In die ökonomische Mottenkiste.
Schwellenländer wissen, dass sie noch viel aufzuholen haben und ihre Arbeitsmärkte Bedingungen anbieten, die wir im Westen als ungeheuerlich empfinden würden. Was nützt es den Arbeitern in diesen Ländern, wenn die Standards pro forma sofort eingeführt werden und dafür die Arbeit auf der Strecke bleibt? Nichts. Auch dem Welthandel nicht. Die Industrienationen haben über viele Jahrzehnte auch Arbeitsmarktbedingungen zugelassen, die nicht immer den hehren ethischen Standards entsprachen. Es bleibt zu hoffen, dass die Vernunft wieder Oberhand gewinnt und erkannt wird, dass jene Länder sehr wohl wissen, dass ihre Arbeitsmärkte nur suboptimal entwickelt sind, aber dafür Jobs bieten können, die den Menschen ein Einkommen und somit eine Existenz sichert.