Wenn man auf dem Ameisenhaufen sitzt, heiligt der Zweck die Mittel.
Missstände gibt es überall. Besonders in der Arbeitswelt. Es wird beschissen, getäuscht, gelogen und betrogen, dass sich die Balken biegen. Wirtschaftskriminalität zum Beispiel ist seit Jahren gerade am Arbeitsplatz ein stark um sich greifendes Phänomen. Es gibt zahlreiche Methoden diese zu bekämpfen. Wie steht es jedoch mit dem Whistleblowing?
Was ist das überhaupt?
‘Whistleblower’ sind Menschen die gezielt Hinweise zu Missständen aus Gewissensgründen geben. Die einen nennen sie aber auch Petzer, Nestbeschmutzer oder Verräter. So einfach ist es jedoch nicht. Es sind in der Regel Mitarbeitende, die in einem Akt der Zivilcourage unlautere Machenschaften von Regierungen, Verwaltungen oder Unternehmen an die Öffentlichkeit bringen, um diese Missstände zu unterbinden. Sehr oft setzen sie mit ihrer risikoreichen Handlungsweise ihren Arbeitsplatz aufs Spiel und provozieren zum Teil extreme Gegenmassnahmen, die den Zweck haben, den Ruf eines ‘Whistleblower’ möglichst heftig, schnell und brutal zu zerstören.
Sie werden Opfer von gezielten Mobbing-Attacken oder auch Denunziationskampagnen, die jede noch so winzige, aber nutzbringende Kleinigkeit ans Tageslicht zerren, die dazu dient jemanden nachhaltig zu zerstören. Um ‘Whistlebower’ mit allen Mitteln mundtot zu machen, werden sie in juristische Spiegelfechtereien verwickelt, massiv selber oder das Umfeld unter Druck gesetzt, um sie möglichst zu lähmen, einzuschüchtern und finanziell in den Ruin zu treiben.
Die meisten von ihnen handeln jedoch selbstlos. Rachegefühle aufgrund von Enttäuschungen, nicht erfüllten Erwartungen oder Versprechen sind selten die Triebfeder. Der Eigennutz wird durch die Sorge um das Wohlergehen der Mitmenschen und den Erhalt der Umwelt ersetzt. ‘Whistleblower’ möchten Missstände am Arbeitsplatz aufdecken. Oft gehen sie ein persönlich hohes Risiko ein und setzen Karriere wie auch die ganz persönliche Existenz in Frage.
Dabei handeln ‘Whistleblower’ meistens sehr verantwortungsvoll und auch sehr loyal. Sie identifizieren sich in der Regel stark mit dem Arbeitgeber. Sie wollen diesen vor Gefahren schützen und das Gute bewahren. Zur Verminderung von Korruption und zur Sicherung des sozialen Friedens werden ‚Whistleblower-Schutzgesetze‘ dringend notwendig, sind aber wegen der Möglichkeiten moderner Technik bei skrupellosen Organisationen oft nicht ausreichend, sodass ‚Whistleblower‘ auf funktionierende Anonymität und Datenschutz-Mechanismen angewiesen sind. Der Gesetzgeber ist sich der Problematik bewusst und arbeitet an einem Gesetzentwurf, der ‘Whistleblower’ in Zukunft besser schützt.
Als gutes Beispiel darf nicht unerwähnt bleiben, dass die beiden ehemaligen Controllerinnen, Margrit Zopfi und Esther Wyler, kürzlich vor Gericht standen, weil sie die eklatante Misswirtschaft beim Zürcher Sozialamt publik machten. Mutig bestritten sie nie, das Amtsgeheimnis verletzt zu haben. Sie verlangten von der Justiz einen Freispruch. Die Öffentlichkeit war klar auf der Seite der beiden ‘Whistleblower’. Am 17. September 2009 wurden sie freigesprochen. Die Stelle haben sie verloren, dafür nicht ihr Glaube an das Gute. Die eingeleiteten Reformen werden hoffentlich dazu führen, dass das erbrachte Opfer nicht vergebens war.