Grössenwahn oder Dummheit? Warum manche glauben, sie seien für alles geeignet.
Die Jobsuche ist für viele Menschen eine nervenaufreibende Angelegenheit. Wer sich bewirbt, investiert Zeit, Mühe und Hoffnung – und doch bleibt der Erfolg oft aus.
Absagen häufen sich, Frustration macht sich breit, und irgendwann schlägt die Unsicherheit in Panik um. In dieser Phase begehen viele Bewerbende einen entscheidenden Fehler: Sie werfen ihre Dossiers willkürlich in alle Richtungen, bewerben sich auf Stellen, für die sie nicht einmal ansatzweise qualifiziert sind, und hoffen, dass sie irgendwo durch Glück eine Anstellung ergattern.
Doch diese Strategie ist nicht nur blöd und ineffektiv, sie kann der eigenen Karriere sogar massiv schaden. Recruiter:innen und Personalverantwortliche sind nicht blosse Verwaltungskräfte, die willkürlich Bewerbungen verarbeiten – sie sind geschulte Fachkräfte, die in Sekundenschnelle erkennen, ob eine Person für eine Position in Frage kommt oder nicht.
Wer sich blind bewirbt, ohne sich vorher Gedanken zu machen, disqualifiziert sich nicht nur für die aktuelle Stelle, sondern riskiert langfristige Konsequenzen. Denn Namen bleiben haften, und wer sich mehrfach auf völlig unpassende Jobs bewirbt, landet schneller in der internen Schublade der ‘unseriösen Kandidat:innen’.
Doch warum tun Menschen das? Ist es die Verzweiflung, die sie antreibt? Ist es der Druck von Behörden wie dem RAV, die Arbeitsbemühungen nachzuweisen? Oder ist es schlichte Naivität, die sie glauben lässt, dass ‘viel hilft viel’?
Die Plage der unpassenden Bewerbungen – Wenn Masse die Qualität ersetzt
Recruiter:innen in den Personalabteilungen oder auch Personaldienstleistende erleben es täglich: im Minutentakt trudeln Bewerbungen ein, von denen ein grosser Teil bereits nach wenigen Sekunden aussortiert werden muss. Die Kandidat:innen sind nicht einmal ansatzweise qualifiziert für die ausgeschriebene Stelle, erfüllen weder die formalen noch die fachlichen Anforderungen und liefern dennoch ein Bewerbungsschreiben ab, das suggerieren soll, dass sie ‘die perfekte Besetzung’ seien.
Doch wer ist schuld an dieser Flut von unpassenden Bewerbungen? Einerseits liegt es an den Bewerbenden selbst, die glauben, dass eine hohe Anzahl an versendeten Dossiers ihre Chancen erhöht. Sie machen sich kaum Gedanken darüber, wie eine Bewerbung wahrgenommen wird, sondern setzen darauf, dass sie ‘irgendwie’ einen Fuss in die Tür bekommen. Andererseits sind es auch gesellschaftliche Faktoren, die dieses Verhalten begünstigen. Jobportale suggerieren, dass man sich mit einem einzigen Klick auf eine Vielzahl von Stellen bewerben kann – je mehr, desto besser.
Diese Entwicklung hat fatale Konsequenzen. Erstens überlastet sie die Recruiter:innen, die immer mehr Zeit auf das Aussortieren ungeeigneter Bewerbende verwenden müssen. Zweitens benachteiligt sie jene, die tatsächlich qualifiziert sind, da deren Bewerbungen in der Masse der Belanglosigkeit untergehen. Drittens beschädigt sie das Ansehen der Bewerbenden selbst – wer sich wahllos bewirbt, zeigt nicht nur Unsicherheit, sondern auch fehlendes Verständnis für den Arbeitsmarkt.
Bewerbung als Pflichtübung – Der RAV-Faktor
Viele Arbeitssuchende in der Schweiz stehen unter Druck, eine bestimmte Anzahl von Bewerbungen nachzuweisen, um weiterhin Arbeitslosengeld zu erhalten. Diese Regelung soll sicherstellen, dass Arbeitslose aktiv nach einer neuen Stelle suchen. Doch in der Praxis führt sie oft zu einer absurden Nebenwirkung: Menschen bewerben sich nicht dort, wo es Sinn macht, sondern einfach überall, um die geforderte Quote zu erfüllen.
Für Unternehmen hat das katastrophale Folgen. Besonders in Branchen, in denen viele Stellen öffentlich ausgeschrieben werden, klagen Recruiter:innen darüber, dass ein erheblicher Anteil der Bewerbungen von Menschen kommt, die sich nur bewerben, weil sie es müssen – nicht, weil sie tatsächlich an der Stelle interessiert oder für sie geeignet wären.
Dieses Verhalten hat Konsequenzen. Personalverantwortliche erkennen solche Bewerbungen schnell und nehmen sie nicht mehr ernst. Manche Firmen haben mittlerweile interne ‘Blacklists’, auf denen Kandidat:innen landen, die sich wiederholt unqualifiziert bewerben. Wer also denkt, er könne das System austricksen, indem er Blindbewerbungen verschickt, könnte am Ende selbst der Verlierer oder die Verliererin sein.
Die Strategie des blinden Glücks – Wenn Hoffnung zur Selbsttäuschung wird
Ein weit verbreiteter Irrglaube unter Arbeitssuchenden ist die Annahme, dass eine hohe Anzahl an Bewerbungen automatisch die Wahrscheinlichkeit auf eine Anstellung erhöht. Diese Denkweise beruht auf der Hoffnung, dass es irgendwo schon eine Firma geben wird, die sich auf eine ‘ungewöhnliche’ Bewerbung einlässt.
Doch dieser Ansatz ist ein klassisches Beispiel für Selbsttäuschung. Die Realität ist, dass Unternehmen keine Zeit für Glücksspiele haben. Sie wissen genau, was sie suchen, und erwarten von Bewerbenden, dass sie sich mit der Stellenausschreibung und den Anforderungen auseinandersetzen. Wer sich ohne passende Qualifikationen bewirbt, landet schlicht und einfach im Off – immer und immer wieder.
Noch schlimmer: Viele, die diesen Weg gehen, verschwenden wertvolle Zeit, die sie besser in eine durchdachte Bewerbungsstrategie investieren sollten. Statt ziellos Hunderte von Bewerbungen zu verschicken, wäre es sinnvoller, sich intensiv mit wenigen, wirklich passenden Stellen auseinanderzusetzen.
Grössenwahn oder Realitätsverlust?
Manche Bewerbende glauben, dass sie für jede Position geeignet sind. Sie ignorieren Qualifikationsanforderungen, übergehen fehlende Berufserfahrung und schicken ihre Bewerbung trotzdem ein. Doch dieses Verhalten signalisiert nicht Selbstbewusstsein, sondern eine fundamentale Fehleinschätzung der eigenen Fähigkeiten.
Die Wahrheit ist: Unternehmen suchen nicht nach Bewerbenden, die glauben, sie könnten alles lernen – sie suchen nach richtigen Fachkräften, die ihr Handwerk bereits beherrschen. Wer sich ohne jegliche Kenntnisse oder Erfahrung auf hochspezialisierte Stellen bewirbt, wird nicht bewundert, sondern belächelt.
Doch woher kommt dieser blinde Optimismus? Liegt es an einer übersteigerten Selbstwahrnehmung oder an falschen Versprechen von ominösen Karrierecoaches, die behaupten, alles sei möglich, wenn man nur genug Selbstvertrauen mitbringt? Viele scheinen völlig zu vergessen, dass Spezialisierung nicht über Nacht entsteht, sondern das Resultat jahrelanger Ausbildung und Praxis ist.
Ein Chirurg wird nicht durch ein Online-Seminar zum Experten, und eine Ingenieurin lernt ihr Handwerk nicht in einem Wochenendkurs. Warum also glauben manche, sie könnten komplexe Berufe ohne jegliche Vorkenntnisse ausüben? Diese fatale, mitunter arrogant wirkende Selbstüberschätzung führt nicht nur zu peinlichen Bewerbungssituationen, sondern auch zu Frustration auf beiden Seiten: beim Unternehmen, das Zeit mit ungeeigneten Kandidat:innen verschwendet, und bei Bewerbenden, die sich über ausbleibende Einladungen wundern.
Natürlich gibt es Quereinsteiger:innen, die mit Fleiss und Engagement neue Berufsfelder erobern. Doch sie tun dies mit einer realistischen Einschätzung ihrer Fähigkeiten und durch gezielte Weiterbildungen – nicht durch blosse Hoffnung, dass ‘irgendwie schon alles klappt’.
In der Arbeitswelt zählt Kompetenz mehr als Wunschdenken. Unternehmen investieren in Menschen, die bereits nachweisliche Fähigkeiten mitbringen, nicht in solche, die sich ‘mal ausprobieren’ wollen. Wer den Wert von Fachwissen unterschätzt, riskiert nicht nur Ablehnungen, sondern auch seinen Ruf.
Verzweiflung als schlechteste Bewerbungsstrategie
Es ist verständlich, dass Menschen in schwierigen Situationen nach jedem Strohhalm greifen. Doch Verzweiflung ist kein gutes Verkaufsargument. Wer sich blind bewirbt, weil er oder sie ‘einfach nur irgendetwas braucht’, macht sich für Arbeitgebende unattraktiv. Unternehmen suchen motivierte, selbstbewusste und strategisch denkende Mitarbeitende. Wer planlos agiert, signalisiert genau das Gegenteil.
Eine Bewerbung ist keine Bettelaktion, sondern eine professionelle Selbstpräsentation. Wer verzweifelt wirkt, sendet unterschwellig die Botschaft, dass er keine anderen Optionen hat – und das weckt bei Arbeitgebenden eher Misstrauen als Interesse. Sie fragen sich: Warum wird diese Person nirgendwo anders genommen? Welche Defizite bleiben in der Bewerbung unausgesprochen?
Hektische Massenbewerbungen nach dem Prinzip ‘Hoffentlich klappt irgendwas’ sind in den meisten Fällen reine Zeitverschwendung. Sie zeigen nicht nur mangelnde Vorbereitung, sondern auch fehlende Zielstrebigkeit. Statt als engagierter Bewerber aufzutreten, hinterlässt man den Eindruck, sich wahllos auf jede erdenkliche Stelle zu stürzen – Hauptsache, irgendwo klappt es.
Doch Arbeitgebende suchen Mitarbeitende, die wissen, was sie wollen, und eine klare Vorstellung davon haben, was sie in das Unternehmen einbringen können. Eine Bewerbung muss nicht nur die eigene Qualifikation belegen, sondern auch zeigen, dass man zur Kultur und den Zielen des Unternehmens passt. Wer hingegen mit dem Gedanken ‘Hauptsache ein Job’ antritt, signalisiert, dass er sich wenig mit der Position auseinandergesetzt hat – und genau das wird oft zum K.o.-Kriterium.
Natürlich kann Arbeitslosigkeit grossen Druck und Existenzängste erzeugen, aber eine strategische Herangehensweise ist immer besser als kopflose Panik. Eine gut recherchierte, massgeschneiderte Bewerbung hat eine ungleich höhere Erfolgsquote als zehn unüberlegte Schnellschüsse. Wer gezielt Unternehmen auswählt, sich intensiv mit der ausgeschriebenen Stelle beschäftigt und im Anschreiben klarmacht, warum gerade er oder sie die ideale Besetzung ist, hat weitaus bessere Chancen.
Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und Qualität über Quantität zu stellen. Arbeitgebende merken, wenn eine Bewerbung mit Sorgfalt und echtem Interesse verfasst wurde – und sie merken auch, wenn jemand nur verzweifelt den Lebenslauf rumschickt, ohne sich wirklich Gedanken gemacht zu haben. Wer sich als wertvolle Fachkraft präsentieren will, sollte sich auch so verhalten.
Dummheit oder Naivität?
Einige versenden Bewerbungen ohne jegliche Vorbereitung. Sie lesen das Stelleninserat nicht richtig durch, recherchieren nicht über das Unternehmen, und liefern belanglose, läppische Standardanschreiben ab. Solche Bewerbungen zeigen nicht nur Inkompetenz, sondern auch eine mangelnde Wertschätzung gegenüber den potenziellen Arbeitgebenden.
Dabei könnte es so einfach sein: Wer sich ernsthaft für eine Stelle interessiert, nimmt sich die Zeit, die Anforderungen genau zu verstehen und sich gezielt auf die Bewerbung vorzubereiten. Doch stattdessen hoffen viele, dass Masse über Klasse siegt – und verschicken 50 Bewerbungen in der gleichen lieblosen Copy-Paste-Form. Die Folge? Sie erhalten Absage um Absage und wundern sich, warum sie nicht einmal zu einem Gespräch eingeladen werden.
Arbeitgebende erkennen sofort, ob sich jemand wirklich mit der ausgeschriebenen Position auseinandergesetzt hat oder nur eine generische Bewerbung verschickt. Wer noch nicht einmal den Namen des Unternehmens korrekt schreibt oder offensichtlich nicht weiss, was die Firma überhaupt tut, disqualifiziert sich selbst. Ein solches Vorgehen signalisiert Desinteresse, Gleichgültigkeit oder schlicht Faulheit – drei Eigenschaften, die garantiert niemand in einem neuen Mitarbeitenden sucht.
Stattdessen sollte jede Bewerbung ein individuell zugeschnittener Pitch sein.
- Warum genau diese Stelle?
- Warum genau dieses Unternehmen?
- Was bringt man selbst konkret mit, um einen Mehrwert zu schaffen?
Wer sich diese Fragen nicht stellt, kann auch nicht erwarten, dass sich ein Arbeitgeber für ihn oder sie interessiert.
Natürlich bedeutet das nicht, dass jede Bewerbung eine wissenschaftliche Abhandlung sein muss. Aber eine sorgfältige Vorbereitung, eine präzise Argumentation und ein gewisses Mass an Eigeninitiative sind absolute Mindestvoraussetzungen. Wer sich nicht die Mühe macht, eine durchdachte Bewerbung zu schreiben, sollte sich nicht wundern, wenn er oder sie auch nicht die Mühe eines Vorstellungsgesprächs wert ist.
Am Ende stellt sich die Frage: Ist es Dummheit, Naivität oder schlicht Faulheit, die Menschen dazu bringt, planlos Bewerbungen zu verschicken? Die Antwort spielt eigentlich keine Rolle – denn das Ergebnis bleibt immer dasselbe: eine Absage.
Das Resultat: Ein Ruf, der ruiniert wird
Was viele nicht bedenken: Schlechtes Bewerbungsverhalten kann langfristige Folgen haben. Recruiter:innen erinnern sich an Namen – insbesondere an jene, die sich mehrfach unpassend bewerben.
Wer immer wieder durch planlose, schlampige oder unangemessene Bewerbungen auffällt, hinterlässt einen bleibenden Eindruck – allerdings keinen guten. In vielen Branchen sind Mitarbeitende in Personalabteilungen oder bei Personaldienstleistern untereinander vernetzt, tauschen sich aus und teilen Erfahrungen über auffällige Bewerbende. Einmal als unseriös oder inkompetent abgestempelt, kann sich dieser Ruf hartnäckig halten und zukünftige Chancen massiv beeinträchtigen.
Noch problematischer wird es, wenn jemand immer wieder bei demselben Unternehmen anklopft, ohne aus vergangenen Fehlern zu lernen. Wer sich zum dritten Mal mit demselben nichtssagenden Standardanschreiben bewirbt oder ständig auf völlig unpassende Stellen schielt, signalisiert nicht Beharrlichkeit, sondern dumme Ignoranz. Das Resultat: Man wird nicht mehr ernst genommen und landet im besten Fall direkt auf der internen ‘Absagen-Liste’, wenn es überhaupt noch eine Absage gibt. Auch das konsequente Schweigen kann laut sein!
Selbst wenn eine Person irgendwann tatsächlich über die passenden Qualifikationen verfügt, könnte die Chance auf eine faire Beurteilung längst vertan sein. Unternehmen setzen auf Kandidat:innen, die sich reflektiert, professionell und vorbereitet präsentieren – nicht auf solche, die sich durch planlose Hartnäckigkeit auszeichnen.
In einer Zeit, in der die meisten Bewerbungen zudem digital erfasst werden, bleibt der schlechte Eindruck oft über Jahre gespeichert. Bewerbungsmanagementsysteme machen es leicht, alte Bewerbungen abzurufen und eine Historie nachzuvollziehen. Wer also glaubt, dass seine früheren Fehltritte schnell vergessen werden, irrt gewaltig.
Qualität schlägt Quantität – Immer!
Statt massenhaft unüberlegte Bewerbungen zu versenden, sollten Arbeitssuchende eine strategische Herangehensweise entwickeln. Unternehmen erwarten gezielt formulierte, gut durchdachte Bewerbungen. Wer sich jedoch bewusst auf passende Stellen bewirbt, erhöht nicht nur die Erfolgschancen, sondern wahrt auch seine eigene Glaubwürdigkeit und Reputation auf dem Arbeitsmarkt. Qualität schlägt immer Quantität – insbesondere, wenn es um die eigene Karriere geht.