Okt 3

Arbeitsdruck und Müdigkeit: Warum Zeitmanagement nicht ausreicht.

Autor: PersonalRadar

Der Fokus liegt oft auf der Optimierung der eigenen Zeit. Zahlreiche Bücher, Seminare und Tools versprechen, dass wir mit den richtigen Methoden mehr erledigen und produktiver werden können.

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Die Realität sieht jedoch anders aus: Am Ende des Tages fühlen sich viele Arbeitnehmende ausgelaugt und haben das Gefühl, trotz aller Bemühungen, ihre To-do-Liste nicht abgearbeitet zu haben. Die Gründe dafür sind vielfältig, aber eine wesentliche Ursache wird oft übersehen – wir haben zwar unsere Zeit im Blick, aber die Energie, die wir für die Bewältigung unserer Aufgaben benötigen, bleibt oft auf der Strecke.

Der wahre Engpass: Energie, nicht Zeit

Die Vorstellung, man könne Zeit managen, ist trügerisch. Zeit ist eine fixe Grösse, die unabhängig von unserem Einfluss immer weiterläuft. Stattdessen sollten wir uns auf das konzentrieren, was tatsächlich steuerbar ist: unsere Energie. Energie ist eine Ressource, die schwankt und sich regenerieren lässt, im Gegensatz zur starren Zeit, die kontinuierlich verstreicht. Doch viele übersehen diesen Aspekt und versuchen weiterhin, ihren Tag vollzupacken – ohne dabei zu berücksichtigen, wann sie sich am leistungsfähigsten fühlen.

Obwohl der Begriff des Zeitmanagements weit verbreitet ist, bleibt das Konzept des Energiemanagements vielen unbekannt. Dabei spielt es eine zentrale Rolle in der modernen Arbeitswelt. Unzählige Arbeitnehmer greifen auf Koffein, Zucker oder gar Medikamente zurück, um ihre Energiereserven künstlich hochzuhalten, anstatt ihr Arbeitspensum an die natürlichen Energiezyklen anzupassen.

Das ignorierte Signal des Körpers: Müdigkeit

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Viele Beschäftigte ignorieren ihre eigenen Bedürfnisse, um den Anforderungen der Arbeitswelt gerecht zu werden. Besonders stark zeigt sich das bei Personen, deren Arbeitszeiten nicht mit ihrem natürlichen Biorhythmus übereinstimmen. In Europa sind etwa die Hälfte der Arbeitnehmenden gezwungen gegen ihre biologische Uhr zu arbeiten, was zu chronischer Müdigkeit führt. Diese sogenannte ‘innere Uhr’ steuert unsere Wach- und Schlafphasen und beeinflusst massgeblich, wie fit und konzentriert wir zu bestimmten Tageszeiten sind.

Besonders für diejenigen, die als ‚Nachteulen‘ bekannt sind, ist die starre Struktur des Arbeitsalltags eine echte Belastung. Studien zeigen, dass Menschen, die morgens gegen ihren biologischen Rhythmus arbeiten müssen, tagsüber deutlich häufiger müde sind. Ihre Energie wird durch den Zwang, früh aufzustehen, massiv beeinträchtigt. Dies führt nicht nur zu einer geringeren Leistungsfähigkeit, sondern auch zu erhöhtem Stress und langfristigen Gesundheitsproblemen.

Sozialer Jetlag: Die unausgesprochene Müdigkeit der Arbeitswelt

Dieser Zustand wird als sozialer Jetlag bezeichnet, ein Phänomen, das immer mehr Menschen betrifft. Es beschreibt den Unterschied zwischen dem natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus und den sozialen Verpflichtungen, die uns zu anderen Zeiten wachhalten. Besonders Menschen, deren innere Uhr später tickt, haben das Gefühl, ständig gegen eine unsichtbare Mauer zu laufen. Sie sind gezwungen, früh aufzustehen, obwohl ihr Körper noch nicht bereit ist, was sie den ganzen Tag in ein energetisches Defizit versetzt.

Was ist ‘Sozialer Jetlag’?

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Sozialer Jetlag beschreibt das Phänomen, wenn der natürliche Biorhythmus eines Menschen, also seine innere Uhr, nicht mit den äusseren Anforderungen des Alltags übereinstimmt, insbesondere den Arbeits- oder Schulzeiten. Es ähnelt dem Gefühl eines echten Jetlags, den man nach einer Reise in eine andere Zeitzone erlebt, allerdings wird dieser Zustand durch soziale Verpflichtungen verursacht.

 

Menschen mit sozialem Jetlag müssen oft zu Zeiten aufstehen oder arbeiten, die nicht ihrem natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus entsprechen. Dies ist besonders bei Spättypen der Fall, die von Natur aus später am Tag aktiver sind, aber dennoch früh aufstehen müssen. Die Folge ist, dass sie chronisch übermüdet sind, da sie nicht genug Schlaf bekommen oder zu Zeiten wach sind, in denen ihr Körper eigentlich Ruhe braucht.

 

Sozialer Jetlag kann langfristig negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben, wie z.B. Schlafstörungen, Stress, verminderte Leistungsfähigkeit und ein erhöhtes Risiko für chronische Erkrankungen. Eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten könnte helfen, den sozialen Jetlag zu reduzieren, indem die individuellen Biorhythmen der Menschen besser berücksichtigt werden.

Einen Ausweg aus dieser Misere bietet die Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Studien zeigen, dass Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit an ihren individuellen Chronotyp anpassen können, sich signifikant weniger müde fühlen. Wenn Unternehmen flexiblere Modelle wie Home-Office oder gleitende Arbeitszeiten anbieten, könnte der Anteil derer, die tagsüber erschöpft sind, drastisch sinken.

Der Biorhythmus als Schlüssel zur Leistungsfähigkeit

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Es ist keine einfache Aufgabe, die Anforderungen des Jobs mit den biologischen Bedürfnissen zu vereinen. Doch wer seinen natürlichen Rhythmus kennt und versucht, seinen Arbeitsalltag danach auszurichten, kann deutlich mehr Energie in seine Aufgaben investieren. Der Biorhythmus gibt dabei den Takt vor:

  • Menschen, die als Frühtypen bekannt sind, können in den Morgenstunden ihre höchste Leistungsfähigkeit abrufen, während
  • Spättypen später am Tag zur Höchstform auflaufen. Die Herausforderung besteht darin, diese natürlichen Hochphasen im beruflichen Alltag zu nutzen, um produktiver und weniger gestresst zu sein.

Besonders in Berufen, die Schichtarbeit erfordern, ist es wichtig, auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter einzugehen. Studien belegen, dass Schichtpläne, die auf den Biorhythmus der Beschäftigten abgestimmt sind, das Wohlbefinden steigern und die Fehlerquote senken können. Schichtarbeiter, die in Phasen arbeiten, die ihrem Chronotyp entsprechen, schlafen besser und fühlen sich weniger erschöpft. Dies zeigt, dass nicht nur die Anzahl der Arbeitsstunden, sondern auch deren zeitliche Verteilung massgeblich für die Leistungsfähigkeit ist.

Die Grenzen der Optimierung: Was wirklich hilft

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Auch wenn Flexibilität und individuelle Anpassung einen wesentlichen Beitrag leisten können, um Müdigkeit und Energieverlust zu reduzieren, gibt es keine Patentlösung, um den steigenden Arbeitsdruck vollständig zu bewältigen. Die Anforderungen an die Arbeitnehmenden wachsen stetig, und viele fühlen sich, als würden sie ständig gegen die Zeit arbeiten. Automatisierung und künstliche Intelligenz versprechen zwar Entlastung, doch bis dahin müssen wir lernen, besser mit unseren eigenen Ressourcen umzugehen.

Ein optimierter Umgang mit der eigenen Energie könnte dabei der Schlüssel sein. Es geht nicht darum, immer mehr Aufgaben in immer weniger Zeit zu bewältigen, sondern darum, die eigenen Hochphasen zu erkennen und effizient zu nutzen. Nur so können wir langfristig gegen Müdigkeit, Überforderung und das Gefühl der ständigen Hetze ankämpfen.

Die Arbeitswelt von heute fordert viel, doch die Antwort liegt nicht nur in besserer Planung, sondern auch im bewussten Umgang mit unserer Energie. Die Erkenntnis, dass wir nicht nur Zeit, sondern vor allem unsere körperlichen Ressourcen managen müssen, könnte der entscheidende Schritt hin zu mehr Zufriedenheit und Produktivität im Arbeitsalltag sein.