Das Pensionskassengeld war oft das erste Benzin einer Firma. Ohne Treibstoff ist die beste Idee tot.
Die Selbständigkeit ist für viele nach wie vor attraktiv. Dazu braucht es Kapital. Zuweilen viel Kapital.
Jan Holzfreund ist angestellt als Schreiner. Er ist im besten Alter. Er hat viele Ideen und möchte diese umsetzen. Sein Chef hält nichts davon. Er ist der Meinung, dass die Firma gut läuft und sich der Mitarbeiter auf seine Arbeit konzentrieren soll. Der Firma geht es schlecht. Jan Holzfreund ist sich bewusst, wenn es so weitergeht, muss der Arbeitgeber Konkurs anmelden und er ist ohne Stelle. Warum nicht selber eine Schreinerei eröffnen und das Pensionskassengeld beziehen?
Silvia Feinschnitt ist Coiffeuse. Sie ist angestellt. Über Jahre hat sie sich einen guten Kundenstamm erarbeitet. Die Zufriedenheit mit ihrer Arbeit ist gross. Ihre kommunikative und soziale Wesensart kommt bei der Kundschaft gut an. Sie hat mehr Kundinnen als die Chefin. Diese ist sehr zufrieden mit ihr. Leider ist sie nicht bereit diese Zufriedenheit auch mit einer Lohnerhöhung zu belohnen.
Silvia Feinschnitt überlegt sich schon lange, ob sie sich nicht selbständig machen soll. Die meisten ihrer Kundinnen würden ihr sofort folgen. Das angesparte Pensionskassengeld ist zwar nicht so üppig, da sie als Coiffeuse auch nicht wirklich viel verdient und für die Vorsorge beitragen kann. Aber mit dem Ersparten würde es reichen. Ihre Schwester, die auch Coiffeuse ist, hat sich schon selbständig gemacht und ist soeben im Begriff einen weiteren Salon zu eröffnen. Sie würde beim Start mithelfen.
Simon Byte ist Programmierer. Er stellt Apps bei seinem Arbeitgeber her. Die Arbeit ist interessant, stimulierend und herausfordernd. Der Chef ist allerdings ein Ablöscher. Selber hat er nicht soviel Ahnung vom Geschäft, aber er weiss alles besser, mischt sich überall ein und fordert viel, obwohl er nicht bereit ist auch etwas zu geben. Simon hat die Schnauze voll. Er will sein Talent nicht an einen solchen Arbeitgeber verschwenden. In den letzten Jahren hat er gut verdient. Sein Pensionskassengeld hat sich zu einem stattlichen Betrag entwickelt.
Ein guter Freund von ihm will sich auch selbständig machen. Zusammen wäre das noch besser, weil sie die gleichen Qualifikationen und Interessen haben. Zudem würde das Zusammenlegen der Pensionskassengelder als Startkapital nützlich sein, um die erste Zeit gut überbrücken zu können, bis die ersten programmierten Produkte reif für den Markt sind und auf Interesse stossen. Soeben kommt der Chef rein und brüllt herum. Er ist wütend. Die Kaffeemaschine ist ausgestiegen. Er ist schlechter Laune und braucht Koffein. Simon Byte ist jetzt ganz sicher. Er geht. Das ist ja nicht zum Aushalten. Sein Pensionskassengeld wird bei seinem Start-Up helfen. Er geht jetzt gleich mit seinem Freund essen.
Viele Neugründungen von Unternehmen waren in den letzten Jahrzehnten nur möglich, weil das Pensionskassengeld der Gründer und Gründerinnen diese finanzieren konnten.
Der Bundesrat möchte unter Umständen diesen Vorbezug der Pensionskassengelder für Firmengründungen abschaffen. Das ist allerdings eine fatale Entwicklung.
Viele, die sich selbständig machen, handeln verantwortungsvoll und wissen, dass ein Scheitern auch den Verlust der Altersvorsorge bedeutet. Viele meistern die Herausforderung und werden erfolgreiche Kleinunternehmer und Kleinunternehmerinnen. Sie schaffen Arbeitsplätze, zahlen Steuern und tragen viel zum Gedeihen der Volkswirtschaft bei.
Die Abschaffung des Vorbezugs schadet mehr als es jene aufhaltet, die ihr Alterskapital durch Konkurse verlieren und später Ergänzungsleistungen vom Staat benötigen, damit sie über die Runden kommen. Schauen sie sich den folgenden Film an mit diesem Link.
Der Vorbezug von Vorsorgegelder ist sehr oft das Benzin für Neugründungen, damit überhaupt etwas entstehen kann. Viele Berufspolitiker/-innen können sich so was nicht vorstellen, weil sie nie ein Unternehmen gründeten und sich dem Risiko des Scheiterns aussetzten.
Die Abschaffung dieser Geldquelle wird die Wirtschaft bestimmt nicht untergehen lassen. Sollte sich diese Idee des Bundesrates wirklich durchsetzen, wird die Innovationskraft vieler Kleinbetriebe verschwinden und die Mutlosigkeit stärken. Risikofreudigkeit ist wichtig für jede Wirtschaft. Sie bedeutet nicht nur Verlust, sondern auch Chancen, dass aus einer Idee mehr entsteht als nur ein paar Arbeitsplätze.