Okt 28

Vakanzen ohne Ende: Wo sind die Talente, wenn man sie wirklich braucht?

Author: PersonalRadar

Die Analyse von BSS vom Juni 2024 wirft ein eindringliches Licht auf die strukturellen Probleme und Chancen im Schweizer Arbeitsmarkt.

(Bildquelle: www.freepik.com)

Die präsentierten Daten und Untersuchungen zeigen auf, wie tief die Fachkräftethematik reicht, welche Herausforderungen sich für bestimmte Berufe abzeichnen und wie die Anforderungen der grünen Wirtschaft den Arbeitsmarkt von Grund auf verändern. Jede dieser Erkenntnisse offenbart die Notwendigkeit, die Arbeitswelt neu zu denken und gezielt Massnahmen zu ergreifen.

1. Fachkräftemangel – eine tickende Zeitbombe?

Der Fachkräftemangel in der Schweiz wird oft als eine kurzfristige Krise dargestellt, doch die Daten zeigen, dass die Situation sich seit über einem Jahrzehnt verschärft. Der Fachkräfteindex (FKI), der die Entwicklungen seit 2010 dokumentiert, offenbart eine fast durchgängige Abnahme der Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte. Besonders dramatisch ist die Lage in Branchen, die auf technologische Kompetenzen angewiesen sind, darunter IT, Ingenieurwesen und Gesundheitsberufe. Regional betrachtet verstärken sich diese Defizite, was auf einen gravierenden Mismatch zwischen dem Bedarf in den städtischen Zentren und dem Angebot in den peripheren Regionen hinweist.

Die Schweiz, die auf hochspezialisierte und qualifizierte Arbeitskräfte baut, sieht sich damit vor einer Frage gestellt, die weit über den Arbeitsmarkt hinausgeht: Sind die Bildungssysteme und beruflichen Förderungsmassnahmen wirklich darauf ausgelegt, den Bedarf der modernen Wirtschaft zu decken? Die ‘tickende Zeitbombe’ des Fachkräftemangels betrifft nicht nur Unternehmen, sondern auch die gesamtwirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit des Landes. Die Daten legen nahe, dass wir in der Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik grundlegende Reformen benötigen, um zukünftigen Krisen vorzubeugen?

2. Vakanzdauer als Spiegel des Kompetenzmangels

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Die Dauer, die eine Stelle unbesetzt bleibt, spiegelt oft die Diskrepanz zwischen angebotenen und geforderten Kompetenzen wider. Eine längere Vakanzdauer deutet darauf hin, dass Stellen mit spezialisierten Anforderungen schwer zu besetzen sind – ein weiteres Symptom des Fachkräftemangels. Die Studie zur Vakanzdauer, die von der ETH Zürich und der BSS in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Arbeitgeberverband erstellt wurde, zeigt: Im Zeitraum von 2018 bis 2022 blieben viele Positionen im technischen und digitalen Sektor über Monate vakant.

Diese Dauer hat weitreichende Konsequenzen. Zum einen geraten Unternehmen durch unbesetzte Positionen in Rückstand, da Innovation und Entwicklung ins Stocken geraten. Zum anderen offenbaren die Daten einen Mangel an Arbeitskräften mit gezielten Fachkenntnissen, was in den nächsten Jahren mit der Digitalisierung und Automatisierung an Bedeutung zunehmen wird. Stellen, die hohe Qualifikationen in IT, Ingenieurwesen oder spezialisierten Gesundheitsberufen verlangen, bleiben länger vakant und blockieren damit wichtige Transformationsprozesse. Die Vakanzdauer ist hier mehr als nur eine betriebliche Kennzahl: Sie wird zum Indikator dafür, wie gut oder schlecht die Schweizer Wirtschaft auf die Zukunft vorbereitet ist?

3. Die grüne Wirtschaft – Transformation und Umbruch

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Während die grüne Wirtschaft immer mehr gefordert wird, zeigt sich in der Analyse, dass der Wandel hin zu Nachhaltigkeit weit mehr bedeutet als eine rein ökologische Neuausrichtung. Es ist ein struktureller Wandel, der Unternehmen zwingt, nachhaltig zu wirtschaften, und zugleich neue Kompetenzen fordert. Berufe im Bereich der erneuerbaren Energien, der Kreislaufwirtschaft und des Ressourcenschutzes nehmen an Bedeutung zu, während traditionelle Industrien Gefahr laufen, in ihrer bisherigen Form obsolet zu werden.

Dieser Wandel stellt Unternehmen und Arbeitnehmende vor eine klare Herausforderung: Nur wer bereit ist, sich weiterzubilden und neue ökologische Kompetenzen aufzubauen, wird in der Arbeitswelt von morgen relevant bleiben. Die Umstellung auf eine grüne Wirtschaft könnte gleichzeitig zum Jobmotor werden, sofern Bildungseinrichtungen und Betriebe die nötigen Qualifikationen fördern. Andernfalls droht auch hier eine ‘ökologische Bildungslücke’, die nicht nur den Arbeitsmarkt, sondern auch die Umsetzung der Klimaziele bremsen könnte?,

4. Arbeitsmarktfähigkeit – ein fragiler Status

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Die Analyse beleuchtet zudem das Thema Arbeitsmarktfähigkeit, also die Fähigkeit, mit den vorhandenen Kompetenzen langfristig eine Beschäftigung zu finden. Während der Arbeitsmarkt sich immer stärker auf technologische und grüne Kompetenzen fokussiert, geraten traditionelle Berufsfelder zunehmend ins Abseits. Besonders betroffen sind Berufe ohne grosse technologische Anbindung, die durch die Automatisierung oder durch Kompetenz-Missmatches an Bedeutung verlieren.

Diese Veränderung führt dazu, dass Arbeitnehmende in Berufen ohne Zukunftsperspektive ein erhöhtes Risiko der Langzeitarbeitslosigkeit tragen. Die berufliche Weiterentwicklung wird zu einer Pflicht – nicht mehr zu einer Option – für alle, die langfristig am Arbeitsmarkt bestehen wollen. Die Erkenntnisse aus der Analyse sind hier eindeutig: Wer sich nicht weiterbildet oder sich den neuen Kompetenzen anpasst, läuft Gefahr, langfristig aus dem Arbeitsmarkt gedrängt zu werden. Kompetenz-Missmatch, ein Begriff, der nüchtern klingt, beschreibt ein Szenario, in dem die Gesellschaft nicht mehr den Anschluss an die Bedürfnisse der Arbeitswelt findet?.

Kompetenz-Mismatch bezeichnet das Ungleichgewicht zwischen den Fähigkeiten und Qualifikationen, die Arbeitnehmende mitbringen, und den Anforderungen, die für offene Stellen benötigt werden. Dies kann bedeuten, dass eine Person entweder über- oder unterqualifiziert ist oder die spezifischen Kompetenzen fehlen, die für eine bestimmte Position entscheidend sind. Ein Kompetenz-Mismatch führt oft zu längeren Vakanzzeiten bei Stellen, erhöhter Arbeitslosigkeit und ungenutztem Potenzial im Arbeitsmarkt.

5. Daten als Zukunftsinstrument – Fazit und Ausblick

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Die Arbeitsmarktdaten zeigen mehr als nur Trends – sie geben Einblicke in die Zukunft und weisen den Weg zu einer nachhaltigen Arbeitswelt. Die BSS-Analyse betont, dass Unternehmen, die wettbewerbsfähig bleiben wollen, Arbeitsmarktdaten ernst nehmen und in Weiterbildung investieren sollten. Auch Arbeitnehmende müssen sich auf neue Technologien und grüne Kompetenzen einlassen, um relevant zu bleiben. Der Schweizer Arbeitsmarkt steht an einem Wendepunkt, und die präsentierten Daten zeigen: Die Weichen müssen jetzt gestellt werden, um eine zukunftssichere, qualifizierte Arbeitskraft zu schaffen.

Schlussfolgerungen

Die BSS-Analyse zeigt einen wachsenden Fachkräftemangel und längere Vakanzzeiten, besonders in technologie- und digitalintensiven Berufen. Bildung und gezielte Weiterbildung werden entscheidend, um den Qualifikationsbedarf zu decken. Der ökologische Wandel fordert zudem neue Kompetenzen in nachhaltigen Berufen, während traditionelle Berufe ohne Weiterqualifikation an Relevanz verlieren. Arbeitsmarktfähigkeit wird damit zur individuellen Verantwortung: Wer sich nicht anpasst, riskiert Langzeitarbeitslosigkeit. Unternehmen und Arbeitnehmende müssen die Hinweise aus den Arbeitsmarktdaten ernst nehmen, um rechtzeitig zu reagieren.

Der Schweizer Arbeitsmarkt steht an einem Wendepunkt, und nur durch Zusammenarbeit können langfristige Lösungen gefunden werden, um wettbewerbsfähig und zukunftssicher zu bleiben.

Projekte mit Arbeitsmarkdaten (Quelle: BSS vom 13. Juni 2024. PDF-Datei, 12 Seiten, deutsch))