Bewerbungen für den Abfall…
Viele Bewerbungen werden in einer Art und Weise versendet, dass einem Hören und Sehen vergeht. Diese landen nicht selten genug sofort im elektronischen Abfalleimer. Warum machen Bewerbende das?
Früher war das mit dem Versenden von Bewerbungen eindeutig mühsamer. Diese musste mühsam geschrieben, nicht selten noch auf der Schreibmaschine, dann gedruckt evtl. kopiert werden, um diese danach in den passenden Briefumschlag zu stecken. Das saubere Schreiben der richtigen Adressdaten und das Kleben der ebenso korrekten Frankatur waren nur noch Formsache. Die meisten gaben sich dabei viel Mühe und scheuten in der Regel keinen Aufwand. Sehr oft wurden diese Bewerbungen mit eigens im Fachhandel gekauften Bewerbungsmappen versendet, um die Wichtigkeit des Inhalts noch einmal zu unterstreichen. Und heute? Tempi passati.
Es ist heute viel einfacher geworden eine Bewerbung zu versenden. Der Computer und die passende Software bilden die Schreibmaschine. Ist man mit dem Verfassen vom Motivationsschreiben nicht so gut, dann helfen die vielen elektronischen Helferlein, die einem mit Rat und Tat unterstützen. Das Internet ist der Postzusteller. Mit Grafik, Bildbearbeitung und weiterem elektronischen Schnickschnack kommt man zu sehr guten Resultaten. Heute ist das eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Aber nein – die Realität sieht anders aus.
Kürzlich erschien von Reto Hunziker in der NZZ ein guter Artikel über das Bewerbungsverhalten vieler. Kurzum er hat vollkommen recht mit seiner Meinung. Viele können tagelang an ihrem Profilen in den sozialen Medien herumtüfteln und diese so ‚hochtunen‘, dass man ob so viel Liebesmüh zuweilen nur erstaunt auf den Bildschirm starren kann. Auf der anderen Seite verkommt die Bewerbungskultur zum ‚inhaltlichen Trash‘, der ebenso nur noch staunen lässt. Mit einem gelungenen Profil auf Facebook verdient man aber noch kein Geld. Mit einer abgrundtief miesen Bewerbung verliert man aber Jobmöglichkeiten. Er schreibt folgendes:
Mit schludrigem Dossier ist unsere Aussicht auf einen Job denkbar düster. Doch wie versuchen wir, unsere Chancen zu erhöhen? Wir schicken unser schludriges Dossier an möglichst viele Adressen! Himmel! Wie ein Bub, der allen Mädchen in der Klasse einen Zettel zusteckt mit den Worten «Willst du mit mir gehen?». Ergebnis: Kein einziges ist beeindruckt. Nein, eine gute Bewerbung braucht Zeit, Hingabe und eine gewisse Exklusivität. Sie lässt sich nicht husch, husch, nebenbei erledigen.
Und dann erst die Präsentation: Voilà, der Lebenslauf als staubtrockene Arial-Tabelle, steht doch alles Wichtige drin, muss man doch nur noch richtig decodieren. Leserführung, Storytelling, Design – Fehlanzeige! Dabei könnte eine Bewerbung lustvoll sein, könnte Spass machen; sowohl dem Ersteller als auch dem Betrachter.
Stattdessen wird die Bewerbung zum Wettbewerb: Wer ist konformer? Und: Wer ist besser verlogen? Aus dem Jahr Arbeitslosigkeit, in dem wir RAV-Kurse besucht und endlich einmal länger Ferien gemacht haben, machen wir doch schnell «Weltreise und Weiterbildung». Den Fakt, dass wir über 50 sind, versuchen wir zu vertuschen, indem wir den Jahrgang erst auf der letzten Seite des Lebenslaufs placieren. Das ist etwa so suspekt wie Unschuldsbekundungen aus dem Mund von Sepp Blatter. Mit diesem LINK geht’s weiter.
Ja, der Journalist und Kursleiter zum Thema ‚Bewerbung‘ beschreibt es glasklar. Wenn man jedoch die zuweilen stinklangweiligen, uninspirierten, immer gleichen Stelleninserate liest, dann versteht man manchmal auch die Bewerbenden, wenn es diesen speiübel wird, sich wieder auf eine so stinknormale Stelleausschreibung zu bewerben. Da macht das Facebook-Profil eindeutig mehr Spass. Aber das ist wieder ein anderes Thema.
Hier noch ein paar weitere Artikel zu diesem Thema:
Der elektronische Bewerbungssalat wird oft mit dem falschen Dressing angemacht.